Großbritannien: Mays riskante Brexit-Strategie
Mehr Geld löst keine Probleme
Doch die Probleme des Landes werden sich nicht durch mehr Geldausgeben lösen lassen. Wer je einen britischen Klempner im Hause hatte und danach einen polnischen, kennt die Leistungs- und Rechnungsunterschiede. Da liegt der Kern des Verdrängungswettbewerbs bei Arbeit und Wohnen. Die Automobilindustrie wird heute zu mindestens 80% vom Ausland betrieben. Es gibt weder einen Schiffbau auf der Insel noch eine halbwegs potente Chemie, keinen nennenswerten Anlagen- und Maschinenbau und keine Stahlkocher. Mays erstes Ziel wird es sein, die Tory-Flügel zusammenzubringen und zu -halten. Den 330 Tories im Unterhaus stehen 314 Oppositionelle (in 11 Parteien, darunter 230 Labour-Leute) gegenüber. Wenn 17 Tories in einer entscheidenden Frage abspringen, sähe es düster für May aus. Leicht wird die Partie also nicht. Bisher war bei den Tories die Mehrheit pro EU. Sie wird für die neue Sozialpolitik jedenfalls langfristig nicht recht zu erwärmen sein. Deshalb muss May auch schnell handeln, solange der Brexit allen noch in den Knochen sitzt. Breit im Weg steht dem neuen Kurs das hohe Leistungsbilanzdefizit von 132,6 Mrd. Euro (5,2% vom BIP). Darauf haben wir in unseren Fuchs-Devisen immer wieder hingewiesen. Bisher wurde es von vielen Kontinent- und US-Investoren halbwegs im Zaum gehalten und vom Ausland finanziert.Fazit: Die bei den Tories vorherrschende Strategie, den Prozess in die Länge ziehen zu wollen, dürfte nach hinten losgehen. Sechsjährige Austrittsverhandlungen, wie sie Osborne bereits an die Wand malte, treiben jeden Investor außer Landes. Mays Politik dürfte unfinanzierbar sein.