Neues Wahlrecht ist fraglich
Das Europawahlrecht soll reformiert werden. Die bisherigen Vorschläge überzeugen nicht.
Die von Brüssel vorgesehene Reform des Wahlrechts zum Europäischen Parlament berührt das nationale Wahlrecht erheblich. Die Wahlrechtsreform soll die Europawahl populärer machen und die Wahlbeteiligung erhöhen. Die lag seit 1999 immer unter 50%. Auf sonderliche Gegenliebe stoßen die Vorschläge in den Mitgliedsstaaten nicht. Denn zumindest in zwei Punkten berührt die Reform nationale Gepflogenheiten. Das Wahlalter soll einheitlich auf 16 Jahre gesenkt werden. Dies würde den Druck auf die Länder erhöhen, in denen – wie in Deutschland – bei landesweiten Wahlen 18 Jahre (Volljährigkeit) als Mindestalter vorgeschrieben sind. Bei den Kandidaten sollen Frauen und Männer gleich vertreten sein. Eine solche europaweite Quote würde ebenso auf das Wahlrecht in den einzelnen Mitgliedsländern ausstrahlen. Motto: Was im großen (wichtigen) Europa geboten ist, muss doch wohl auch für die kleinere (nationale) Einheit gelten. Genau dieser Mechanismus ist schließlich auch intendiert. Nicht für alle gleichermaßen problematisch ist die Vorschrift zur Parteietikettierung. Demnach sollen die einzelnen nationalen Parteien ausweisen, mit welchen Parteien sie im europäischen Verbund antreten. Aber ob es der AfD recht wäre, sich offen zu Marine Le Pens Front National zu bekennen? Oder Syriza zu den Postkommunisten Osteuropas? Das gleiche gilt aber auch für die CDU, die mit Fidesz und Viktor Orbans gelenkter Demokratie in Budapest zusammen Politik macht.
Fazit: Die Reform des Europawahlrechts ist mit etlichen Hürden und Vorbehalten verbunden. Der derzeitige Diskussionsstand ist im Ministerrat nicht konsensfähig.