SPD: Schulz für Gabriel?
Der Spiegel kratzt an SPD-Chef Gabriels Kanzlerkandidatur. Als Ersatz baut die SPD EU-Parlamentschef Martin Schulz auf.
Nach historischer Erfahrung: Jetzt könnte es mit Sigmar Gabriel ganz rasch abwärts gehen. Der Spiegel hat Parlamentspräsident und Gabriel-Duzfreund Martin Schulz quasi als Kanzlerkandidaten der SPD ausgerufen. Noch mit anonymen Zitaten, Quellen, diversen Unterstellungen sowie halben Fragezeichen. Aber das ist die übliche giftige Eingangs-Dosis. Der schwankende Gabriel ist kaum zu halten. Seine (Selbst-)Zweifel sind zu offenkundig geworden. Die Umfragewerte zu schlecht. Und Kanzlerin Angela Merkel hat sich in den Umfragen wieder erholt. Ihr Zwist mit der CSU ist ausgesetzt. Ein konstruktives Misstrauensvotum und eine vorgezogene Rot-Rot-Grüne Regierungsbildung wagt Gabriel nicht. Europa-Schulz ist für die SPD der letzte Strohhalm für die Bundestagswahl. Mit Gabriel würden es wohl nicht mehr als 22%. An ihn glauben die Genossen inzwischen weniger als an den ungeliebten Kandidaten Peer Steinbrück 2012/13. Schulz aber ist in seiner Partei kaum verankert. Mit der rheinischen, manchmal nervigen Frohnatur könnten für die SPD – bei etwas Glück – vielleicht 25-27% herausspringen. Das kann ihm egal sein. Für ihn wäre es – anders als für Gabriel – ein Achtungserfolg als Späteinsteiger und Neuling in Berlin. Er könnte sich dann auf 2021 vorbereiten. Offen ist, ob Gabriel selbst die Reißleine zieht oder gegangen wird. Er möchte Parteichef bleiben, und Schulz wäre bereit, den Kanzler zu probieren, ohne den SPD-Chefposten innezuhaben. Bis November muss sich Schulz entscheiden. Denn bis dahin verlangt Brüssel seine erneute Kandidatur als Parlamentspräsident. Dagegen baut sich bereits heftiger Widerstand in der konservativen EVP auf, die das Amt für einen Kandidaten aus ihren Reihen beansprucht. Das setzt auch Gabriel unter einen gewissen Druck, sich zu positionieren.
Fazit: Sollten die drei – SPD, Gabriel und Schulz – den Kraftakt Kandidatenwechsel nicht hinbekommen, würde Gabriel schon jetzt als „lahme Ente“ in den Wahlkampf starten.