Stopp des Getreide-Deals für ärmste Länder kaum spürbar
Die Entrüstung des Westens über die Nicht-Verlängerung des Getreideabkommens durch Russland verwundert die ärmsten Länder. Denn diese werden davon kaum betroffen sein. Aus Afrika heißt es sogar lapidar: „Der Stopp des Abkommens wird keine Auswirkungen haben.“
Der Vorwurf, dass „Putin Hunger als Waffe einsetze“ ist faktisch nicht haltbar (FB vom 17.07.). Ein vertiefender Blick auf die Details: Der Anteil der Entwicklungsländer, die Lieferungen aus dem Abkommen bekommen haben, beträgt 57%. Das ist die Zahl, die die meisten Medien nutzen, um zu zeigen, dass zahlenmäßig viele Entwicklungsländer Lieferungen aus der Ukraine bekommen haben.
Eine große Zahl Entwicklungsländer wurde beliefert, aber mit wenig Gütern
Es haben zwar viele Entwicklungsländer Agrargüter bekommen, aber nur geringe Mengen – und die ärmsten Länder fast keine. Von den insgesamt fast 33 Mio. Tonnen gelieferter Agrargüter wurde lediglich 1 Mio. Tonnen an die ärmsten und hungernden Länder geschickt (3%). Knapp 6 Mio. Tonnen (17%) wurden in arme Länder exportiert, die nicht von Hunger betroffen sind.
Der größte Anteil der Agrar-Exporte von 14 Mio. Tonnen (44%) floss dagegen in reiche Länder. Weitere 12 Mio. Tonnen (37%) gingen an Länder mit höheren und mittleren Einkommen. Das zeigen die Zahlen der UN Black Sea Grain Initiative (https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/data).
Wichtigstes Exportgut: Futtermais für die Viehzucht
Relevant in der Hunger-Diskussion ist auch, um welche Rohstoffe es sich handelt. Den größten Anteil am Export hat Mais – der allerdings als Futtermais für die Viehzucht vorrangig in reichen Ländern genutzt wird. Das waren fast 17 Mio. Tonnen. Weizen, das mit Abstand zweitwichtigste Exportgut hatte ein Volumen von 9 Mio. Tonnen.
Diese Zahlen sind der deutschen Regierung offenbar nicht bekannt – oder egal. Denn Außenministerin Annalena Baerbock und Cem Özdemir, Minister für Ernährung und Landwirtschaft (beide Grüne), behaupten weiterhin, dass Russland Hunger als Waffe einsetze. FUCHSBRIEFE hat in beiden Ministerien angefragt, wie diese Einschätzung zustande kommt und auf welchen Fakten sie basiert. Keines der Ministerien hat auf unsere Anfrage geantwortet.