In Europa haben wir eindeutig „politische Börsen“. Das ist nach dem Marktverlauf der vergangenen Woche noch einmal deutlich geworden. Am vergangenen Freitag belasteten Meldungen über einen Truppenaufmarsch in der Ukraine insbesondere die deutschen und europäischen Aktienmärkte. Der DAX knickte binnen Minuten um mehr als 250 Punkte ein. Der Euro Stoxx 50 Index verlor von seinem Tageshoch rund 2%.
US-Investoren nehmen die angespannte politische Situation gelassener. Die großen US-Indizes sackten nur für einen kurzen Moment ab. Über das Wochenende erfolgte dann ein Dementi der zuvor gemeldeten Nachrichten. Die Lage in den Krisenregionen verschärfte sich nicht weiter. In der Folge griffen Anleger bei Dividendentiteln wieder vorsichtig zu. Die Kurse an den wichtigsten Börsenplätzen stabilisierten sich wieder.
Auffällig ist, dass sich die europäischen und deutschen Märkte deutlich schlechter entwickeln als die US-Börsen. So klettert das High-Tech-Barometer Nasdaq-100 auf ein neues 52-Wochen-Hoch. Auch der marktbreite S&P 500 Index notiert nur noch wenige Punkte unter seinem Allzeithoch. Demgegenüber liegt der Euro Stoxx 50 rund 3,5%, der deutsche Aktienindex DAX sogar mehr als 10% unter den Jahreshöchstkursen.
Die US-Märkte zeigen weiterhin stabile Aufwärtstrends. Dagegen zeichnet sich bei den Indizes in Europa ein beginnender Abwärtstrend ab. Bedenklich stimmt zudem, dass es Euro Stoxx 50 und DAX-Index während der jüngsten Kurserholung bislang nicht schaffen, sich wieder oberhalb der 200-Tage-Durchschnittslinie zu etablieren. Diese liegt beim Euro Stoxx 50 bei rund 3.100 Zählern, im DAX bei etwa 9.400 Punkten. Gepaart mit dem ebenfalls schwachen Euro gegenüber dem US-Dollar deutet dies auf Mittelabflüsse von Investoren aus der Eurozone hin. Die Gemeinschaftswährung notiert mit Kursen um 1,33 so tief wie zuletzt im November 2013.
Eingetrübte Konjunkturaussichten in Euro-Land und eine unterschiedliche Zinsentwicklung in den USA und der Eurozone drücken auf den Kurs des Euro. Während die Zinspolitik in Europa weiterhin expansiv bleiben dürfte, rechnen Anleger und Analysten für 2015 mit Zinsanhebungen in den USA. Inzwischen werden für 10-jährige US-Staatspapiere mehr Zinsen bezahlt als für spanische Anleihen gleicher Laufzeit. Weitere Hinweise auf die künftige Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed gab es für die Marktteilnehmer im FOMC-Protokoll, das raschere Zinssteigerungen bis Mitte 2015 sieht. Auf dem Jackson-Hole-Symposium am Wochenende werden Fed-Chefin Janet Yellen und EZB-Präsident Mario Draghi ihre Einschätzungen zur Konjunktur und zur künftigen Geldpolitik verkünden.
Fazit: Die Börsen bleiben anfällig für Schlagzeilen aus den politischen Krisenregionen sowie für die Zinspolitik. Die zuletzt wieder positiven US-Börsen tragen zu einer Stabilisierung an den Märkten bei. Sollten die Kurse dort einmal stärker korrigieren, sehen wir auch in Europa noch einmal deutlich tiefere Notierungen. Zurückhaltung bleibt daher das Gebot der Stunde.