Selbstanzeige: Vertretung ist riskant
Bei einer Selbstanzeige kann man sich auch vertreten lassen. Doch das birgt Risiken...
Was viele nicht wissen: Bei einer Selbstanzeige kann man sich auch vertreten lassen, um nach außen nicht in Erscheinung zu treten. Eine solche Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung soll für bestimmte Personen Straffreiheit herbeiführen können, ohne dass diese ausdrücklich in der Kommunikation mit dem Finanzamt auftauchen. Doch diese verdeckte Selbstanzeige birgt aufgrund von mehreren einschränkenden Gerichtsurteilen zunehmend Risiken. Das meint unser BeraterFuchs-Autor Karsten Seidel, Fachanwalt bei der Kanzlei K&L Gates LLP in Frankfurt. Nutznießer des Instruments sind gewöhnlich Personen in Leitungsorganen. Ein Vorstand, Geschäftsführer oder auch Beamter will besonders ungern ins unmittelbare Blickfeld der Finanzverwaltung geraten. Bei der Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung erklärt nur ein (ein Teil) Beteiligter an der Steuerverkürzung gegenüber dem Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen offen nach. Im Innenverhältnis gibt es die Abrede mit den weiteren – nicht offen auftretenden – Beteiligten, dass die Nacherklärung vorsorglich auch in deren Namen abgegeben werden soll. Eine Urteilspassage aus einem BGH-Urteil führt aber in der Folge zunehmend zu Problemen bei der Umsetzung der verdeckten Selbstanzeige. In dieser Entscheidung (Urteil aus dem Jahr 2004, Az. 5 StR 548/03) heißt es: „Der Täter oder Teilnehmer einer (versuchten) Steuerhinterziehung muss in der Selbstanzeige ... grundsätzlich neben den Besteuerungsgrundlagen auch seinen eigenen Tatbeitrag offenlegen…“. Es sei denn, es steht fest, dass kein Steuererstattungsanspruch besteht. Das aber ist in der Praxis so gut wie nicht auszuschließen. Seidel gibt dazu ein fiktives Beispiel. Ein deutsches Ehepaar – er Beamter – mit einem Konto bei einer kleinen Privatbank im Tessin weiß, dass es demnächst (2018) auffliegen wird, wenn der automatische Informationsaustausch der Fisken umgesetzt wird. Der Beamte fürchtet, dass nach einer Selbstanzeige disziplinarrechtlich gegen ihn vorgegangen wird. Doch die Stellvertretung wird nicht funktionieren. Angesichts der Rechtsprechung des BGH würde er nicht straffrei werden können, wenn er die Erklärung nicht selbst ausdrücklich mit abgibt bzw. sich ausdrücklich (offen) vertreten lässt. Denn Steuern müssten auch von ihm nachgefordert werden können. Weitere Urteile, so Seidel, gingen ebenfalls in diese Richtung.
Fazit: Es wäre auch zu schön, um wahr zu sein. Die Möglichkeit zur Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung funktioniert jedenfalls in der Praxis so gut wie nicht (mehr).