Zinn wird immer knapper und teurer
Das Industriemetall Zinn profitiert vom Home Office. So hoch wie derzeit lag der Zinnpreis zu keinem Zeitpunkt in den zurückliegenden sieben Jahren. Allein seit dem Einsetzen der Coronavirus-Pandemie vor einem Jahr hat sich der Preis für das Industriemetall auf zuletzt 23.400 Dollar / t um mehr als 70% erhöht.
Tatsächlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Virus und Zinnpreis. Wesentliche Teile der Bürobelegschaften in aller Welt wurden und sind ins Home Office verdammt. Das bedeutet einen seit dem vergangenen Jahr schnell gestiegenen Bedarf an Elektrogeräten. Dafür wird viel Zinn als Lötmaterial benötigt. Multipliziert mit der Anzahl der bestellten und zu produzierenden Geräte kommen tausende Tonnen zustande.
China hortet Zinn für eigene Industrie
Preistreibend kommt hinzu, dass China als bedeutender Zinnproduzent das Metall hortet. Das aufstrebende Riesenreich will für seine elektronische Industrie einfuhrunabhängig bleiben. Die Weltzinnproduktion beläuft sich auf rund 360.000 t im Jahr. Sie finden großenteils über die Metallbörsen, also vor allem die London Metal Exchange (LME), den Weg zu den überwiegend industriellen Abnehmern. Zu den bedeutenden Produzentenländern gehören neben China, Malaysia, Indonesien aber auch Peru und Brasilien sowie die Demokratische Republik Kongo. Die drei größten Zinnproduzenten auf der Welt sind Yunnan Tin in China, PT Timah in Indonesien und Malaysia Smelting.
Während die Corona-Pandemie die Nachfrage nach Zinn nach oben trieb, konnte einer der großen Produzenten plötzlich nicht in den üblichen Mengen produzieren und liefern. Bergwerke und Zinn-Hütten der indonesischen Gesellschaft PT Timah waren zu stark dem Lockdown unterworfen. In der Folge fiel die Produktion von PT Timah im vergangenen Jahr nach Angaben der Branchenorganisation International Tin Association (ITA) um 40% auf nur noch 45.700 Tonnen.
Spotmarkt "rettet" Industriebedarf
Das trieb zahlreiche große industrielle Käufer – vor allem aus den Vereinigten Staaten – an den Zinn-Spotmarkt. Dort zogen in der Folge die Preise sofort steil an. Immerhin aber war über diese Sportmarktgeschäfte das Metall wenigstens verfügbar. Der Sportmarkt-Preisaufschlag schwankte im Jahr 2020 zwischen 1.700 und 1.850 Dollar je Tonne.
Ein Ende der Knappheitspreise ist nicht abzusehen. Kurz nach der Jahrhundertwende wies die LME Zinn-Bestände über 40.000 t aus. Zehn Jahre später waren sie nach einigem Auf und Ab schon 25% geringer mit damals knapp 30.000 t. Im Jahre 2015 waren es keine 15.000 t mehr. Zu Beginn des vergangenen Jahres hielt die LME noch 7.500 t. Inzwischen ist diese Menge auf 1.100 t im Winter 2020/21 abgeschmolzen. Das entspricht in etwa dem industriellen Bedarf von lediglich zwei Arbeitstagen der Zinn-Verwender.
Zinn: ausverkauft
Nach den Angaben der International Tin Association sind gegenwärtig alle Metallhändler für die nächsten Monate weitestgehend ausverkauft. Eine Normalisierung der Marktversorgung bei Zinn erforderte im Prinzip entweder die Anlage neuer Bergwerke oder den Ausbau der bestehenden Anlagen. Beides aber dauert beträchtliche Zeit und kostet zugleich erheblich Kapital. Um derartige Investitionsentscheidungen überhaupt zu rechtfertigen, müsste der Zinnpreis nach Einschätzung des Marktes auf längere Zeit hinaus über der Marke von 25.000 Dollar je Tonne liegen.
Dass Zinn noch auf längere Zeit hinaus knapp bleiben wird, lässt sich schon daraus ablesen, dass in Cornwall (UK) wieder Zinnbergbau betrieben wird. Cornish Metal, eine relativ kleine Bergbaugesellschaft, die in den nächsten Monaten in London an die Börse gehen will, hat bereits mit dem Abbau von Zinn und Kupfer begonnen; dies in einer Landschaft, in der Jahrhunderte lang Metalle in – aus heutiger Sicht – winzigen Mengen gefördert und verhüttet wurden, bis sich dies aus Kostengründen nicht mehr lohnte.
Fazit: Zinn wird auf längere Zeit knapp und sehr teuer bleiben. Unternehmer sollten vorausschauend einkaufen. Anleger lesen in den FUCHS-Devisen, wie sie vom Rohstoffpreisanstieg profitieren können.