Gehalt trotz Urlaub im Hochrisikogebiet
Eine dreifach geimpfte Beschäftigte verbrachte ihren Urlaub in der Dominikanische Republik. Das Land war vor Reiseantritt vom Robert-Koch-Institut und Auswärtigen Amt als Hochrisikogebiet ausgewiesen. Üblicherweise trägt in solchen Fällen der Mitarbeiter das Risiko, dass es bei einer Corona-Erkrankung keine Lohnfortzahlung gibt. Denn die Reise war nicht zwingend notwendig und außerdem "schuldhaft" herbeigeführt. Genau mit diesen Argumenten verweigerte die Arbeitgeberin auch die Entgeltfortzahlung für die Zeit der Quarantäne. Dagegen klagte die Mitarbeiterin und gewann überraschend den Arbeitsgerichtsprozess vor dem AG in Kiel.
Reisewarnung nicht relevant
Die Arbeitgeberin scheiterte aber. Das Gericht argumentierte mit dem Verweis auf die Inzidenzwerte: Am Abflugtag lag die Inzidenz am Ferienziel bei 377,7 während sie in Deutschland mit 878,9 mehr als doppelt so hoch war. Rund eine Woche nach Beendigung der Reise war sie in der Dominikanischen Republik sogar auf 72,5 gefallen und in Deutschland auf 1.465,4 gestiegen.
Ein Eigenverschulden an der Corona-Erkrankung und deshalb berechtigte Streichung der Entgeltfortzahlung lehnte das Gericht mit Verweis auf die Datenlage ab. Eigenverschulen können nicht vorliegen, wenn die Inzidenzwerte im Urlaubsgebiet deutlich unter denen am Wohn- und Arbeitsort liegen. Eine Reise in ein Hochrisikogebiet gehe angesichts dieser Daten nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus.
Fazit: Kommt es nach Urlaubsreisen zu Corona-Erkrankungen, kann die Lohnfortzahlung von den unterschiedlichen Inzidenz-Werten im Heimat-und Reiseland abhängen.
Urteil: AG Kiel vom 27.6.2022, Az.: 5 Ca 229 f/22