Zustellung nach drei Tagen entspricht nicht mehr der Realität
Die Annahme, dass ein Brief (z.B. vom Finanzamt) nach drei Tagen als sicher zugestellt gilt, wankt. Auslöser dafür ist ein Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg. Im verhandelten Fall ging es um eine datumsmäßig schon unmögliche Situation für die Einhaltung der Drei-Tages-Frist. Hinzu kam noch, dass der mit seinem Einspruch als verfristet abgewiesene Zeugen für die zu späte Zustellung hatte. Zudem gab es im Internet zahlreiche Beschwerden über den Postdienstleister, die an einer pünktlichen Zustellung zweifeln ließen. Das Finanzgericht hob deswegen die Verfristung auf. Folge: Der Einspruch muss doch anerkannt und bearbeitet werden.
Ob die fiktive Zustellungsannahme grundsätzlich verlängert wird, muss nun der Bundesfinanzhof (BFH) abschließend klären. Das ist zunächst eine gute Nachricht für alle, die mit dem Ablauf von Fristen zu kämpfen haben. Bislang beginnt die Frist, auf einen Bescheid zu reagieren, stets nach drei Tagen ab Versand. Angesichts des gravierenden Personalmangels bei der Post hält die 3-Tage-Fiktion (die 1976 beschlossen wurde) der heutigen Realität aber längst nicht mehr stand. Zudem könnte der Bund das Postgesetz dahingehend ändern, dass der Post mehr Zeit für die "fristgerechte Zustellung" von Briefen eingeräumt wird (FB vom XX.XX.). Das müsste sich dann auch in der Zustellungsregelung für den Fristablauf spiegeln.
Fazit: Das FG hat den Fall zur Revision an den BFH überstellt. Vermutlich wird die Zustellungsfiktion dort allerdings verlängert. Wer mit Fristablauf kämpft (aktuell z.B. Grundsteuer), sollte das Urteil auf dem Schirm haben. Hilfreich ist im Zweifel, das tatsächliche Zugangsdatum unter Zeugen auf den Briefkopf zu stempeln oder mit Kuli zu schreiben.
Urteil: FG Berlin-Brandenburg 7 K 7045/20