Die Klartextrede des hessischen Finanzministers
Heute beraten die Staats- und Regierungschefs der EU erneut über Milliardenhilfen – von Steuerbürgern an Steuerbürger. Das heißt dann „Bazooka“ oder „Marshallplan“. Doch einer ist bereits mutmaßlich an den unübersehbaren Folgen der – um im Merkel-Jargon zu sprechen – „Hilfsorgie“ zerbrochen: Hessens ehemaliger Finanzminister Dr. Thomas Schäfer (CDU).
Was bisher kaum Beachtung fand wurde: Schäfer hat in einer Rede im hessischen Landtag zum Nachtragshaushalt kurz vor seinem Freitod über die Dimension der Aufgabe gesprochen. Seine Rede ist auf Youtube zu finden. Da wir keinen Offiziellen kennen, der in dieser Weise bisher Klartext geredet hat– und dazu noch jemanden, der weiß, wovon er spricht – zitieren wir aus Schäfers Rede vom 24. März:
Situation "restlos unvergleichbar"
Laut Schäfer ist die Situation „restlos unvergleichbar“ mit der von 2008 und der Folgejahre. Nicht nur das Land Hessen stehe jetzt vor einer „Jahrundertaufgabe“. Es werde viele Generationen brauchen, um die ökonomischen und finanziellen Herausforderungen zu bewältigen. Hessen hat zunächst einen Landesschutzschirm von 8,5 Mrd. Euro aufgespannt. Zur Einordnung: Eine im Landeshaushalt ursprünglich vorgesehene Schuldentilgung von 100 Mio. – inzwischen gestrichen – hatte der Finanzminister als kleine Heldentat gefeiert.
Finanzpolitisch befänden sich die Staaten in einer „extrem dynamischen Lage“. Die Coronakrise können finanziell exponentielle Folgewirkungen haben. Nachtragshaushalte könnten in kurzen Abständen aufeinander folgen und gleich wieder Makulatur sein. Schäfer warnte seine Kollegen davor, für irgendetwas Garantien zu geben. Politik dürfe nicht den Eindruck erwecken, sie können zaubern.
Budget läuft in "irrsinniges Delta"
Tilgungspläne, die jetzt vorgelegt würden, seien „tendenziell eher ein Dummy". Hessens Haushalt laufe in ein „irrsinniges Delta“ stark steigender Ausgaben und schnell einbrechender Einnahmen. Das Wirtschaftspotenzial schätzte Schäfer auf 10 bis 20% unter Plan. Das entspreche allein einem Einnahmeverlust von 5 Mrd. Euro im Landeshalt und das hielt er für eine „konservative Annahme“. Das bei einem ursprünglich veranschlagten Gesamtbudget von 31,4 Mrd. Euro.
Fazit: Angesichts der unüberschaubaren Situation wären alle staatlichen Stellen, der Bund voran, angehalten, alle Ausgaben einschließlich der Rentenerhöhungen auf den Prüfstand zu stellen.