„DJ Draghi“ rockt die Märkte. Der EZB-Präsident verkündete heute (Donnerstag), dass alles bleibt, wie es ist. Und das, obwohl sich die konjunkturelle Entwicklung beschleunigt und der Ausblick verbessert hat. An den Anleihenkäufen (derzeit 60 Mrd. Euro mtl.) hält die Zentralbank fest.
Die Käufer, die den DAX vor der EZB-Sitzung in Richtung 12.400 Punkte geschoben hatten, zogen sich zügig zurück. Zu überbordendem Optimismus besteht kein Anlass. Mittel- und langfristig relevant ist, was „Super-Mario“ nicht gesagt hat. So bedeutet das unveränderte Festhalten an der aktuellen Geldpolitik, dass die Investoren schon mit Blick auf die Oktober-Sitzung der EZB erneut darüber spekulieren werden, wann die Geldhüter die Politikwende einleiten werden.
Dass die geldpolitische Wende in Europa kommt, ist unvermeidlich – und das wissen alle Börsianer. Der EZB gehen allmählich die Anleihen aus. Bereits ab Sommer 2018 können die Währungshüter keine deutschen Papiere mehr kaufen. Ab Herbst wird es auch bei Anleihen von Frankreich, Italien und Spanien eng. Wollen die Währungshüter nicht ihr Statut ändern, müssen sie bald auf Anleihenkäufe verzichten. Denn mehr als 33% der Anleihen eines Emittenten dürfen sie nicht kaufen.
Auch die Inflationsrate klettert kontinuierlich. Die EZB kann zwar noch ein Weilchen lavieren und darauf hinweisen, dass sie noch nicht „nachhaltig“ ein bestimmtes Niveau erreicht hat. Je länger die EZB aber zögert, desto enger wird der Begründungsspielraum für ihre Unbeweglichkeit. Und desto stärker wird die Glaubwürdigkeit der europäischen Währungshüter untergraben.
Die EZB hat ihr Pulver verschossen. Es ist unausweichlich, dass sie den Märkten in den nächsten Monaten zunehmend und dauerhaft Liquidität entziehen wird. Ein wesentlicher Kurstreiber geht somit verloren. Im Vorgriff auf diese Erwartung steigt der Euro auch wieder kräftig an. Der Kurs der Gemeinschaftswährung scheint im Vergleich zum DAX derzeit der bessere Indikator für die Finanzmarktentwicklung zu sein. Der Wechselkursanstieg wird die deutsche Börse ebenfalls bremsen.
Auslöser einer kräftigen Korrektur könnte der erhebliche Kredithebel am Aktienmarkt werden. In den USA hat er inzwischen ein Volumen von 550 Mrd. Dollar erreicht – so hoch wie noch nie. Im Jahr 2007 lag der Wert bei 420 Mrd. Dollar, bevor er sich bei Liquidierungen glatt halbierte, genau wie die Börse. Angesichts der Risiken reduzieren manche Broker aktiv ihre Handelsrisiken. So hat Saxo eine außerordentliche Margin-Erhöhung vollzogen und mit dem Risiko des Korea-Konflikts begründet. Für alle kreditfinanzierten Spekulationen mussten sofort höhere Sicherheiten hinterlegt werden.
Fazit: Der DAX hat wenig Luft nach oben. Neue Rekorde sehen wir nicht. Das Korrekturrisiko bleibt auch mit Blick auf die US-Börse hoch.
Hinweis: Startet die EZB die Liquiditätsstraffung, wird das Börsenjahr 2018 holprig – mit Schlaglöchern im DAX-Kurs. Mehr dazu lesen Sie im neuen FUCHS-Geldanlagebuch „Märkte am seidenen Faden“ (380 S., 49,95 Euro, Vorbestellerpreis 44,95 Euro). Bestellungen unter: 030 - 28 88 17 20.