Versorgungssicherheit – wer zahlt?
Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist gefährdet und mit neuen Kosten verbunden. Welche Lösungen im Raum stehen.
Der Bundesregierung steht eine heftige Debatte mit Energieversorgern und Verbänden um die Versorgungssicherheit bei Strom bevor. Im Kern wird es in der Diskussion darum gehen, welche Ressourcen und Kapazitäten zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Strom herangezogen werden – und wer für diese bezahlt. Die Diskussion und neue Lösungen sind nötig, weil durch das Abschalten der Kernkraftwerke aufgrund der Energiewende die Grundlastversorgung mit Strom auf mittlere Sicht nicht jederzeit sichergestellt ist. Eigentlich müssten Regierung und Energieversorger schon längst miteinander reden. 2015 und 2017 gehen in Süddeutschland die nächsten AKWs vom Netz. Das absehbare Problem: Wenn die Sonne dann einmal nicht scheint, der Wind nicht weht und die Stromnachfrage hoch ist, müssen konventionelle Kraftwerke (z. B. Gas, Kohle) schnell einspringen können und die Stromversorgung aufrecht erhalten. Der dazu teilweise nötige Kraftwerksneubau benötigt allerdings reichlich zeitlichen Vorlauf (FB vom 8.4.2013). Die Regierung wird sich aber erst im Herbst mit Verbänden und Energieversorgern an den Verhandlungstisch setzen. Die Debatte um die Organisation der Versorgungssicherheit wird dann bis Anfang 2015 hinter verschlossenen Türen laufen. Das erfahren wir aus regierungsnahen Kreisen. Hochrangige Energie-Lobbyisten bestätigen uns diesen Verhandlungszeitplan. Ziel der Verhandlungen ist ein neues Gesetz, das regelt, mit welchen Kraftwerken die Grundlastsicherung gewährleistet werden soll. Außerdem soll es festlegen, wer wieviel für die Bereitstellung der nötigen Kraftwerke zahlen muss. Schließlich kann es sein, dass etliche Gaskraftwerke gebaut und in Betrieb gehalten werden müssen, um einige wenige Male im Jahr bei Versorgungsengpässen spontan hochgefahren zu werden. Die großen Energieversorger drängen darauf, gesetzlich zu fixieren, wer das bezahlen soll. Hintergrund: Die Erneuerbaren Energien drücken den Strompreis an der Börse weit nach unten. Betreiber konventioneller Kraftwerke können daher ihre Betriebskosten nicht mehr erwirtschaften und schalten unwirtschaftliche Kraftwerke ab. Genau diese werden aber für die Sicherung der Grundlastversorgung benötigt. Die Regierung muss deshalb ein kurz- und ein langfristiges Problem lösen. Erstens soll die Inbetriebnahme stillgelegter Gaskraftwerke geregelt werden. Bis 2022 soll zweitens ein Rahmen gefunden werden, in dem Investitionen in neue Kraftwerke für die Versorger wieder profitabel werden, damit es sich für sie lohnt, die Technik für wenige Extremfälle vorzuhalten. Welche Lösungen gefunden werden, ist noch nicht seriös abschätzbar. Eine Verstaatlichung oder zusätzliche Subventionierung von Kraftwerken müsste die Regierung aus Steuern finanzieren. Denkbar wäre die Schaffung eines Kapazitätsmarktes. Auf diesem verkaufen die Energieversorger das Vorhalten der Energie und nicht die Energie selbst. Das würden die Verbraucher bezahlen. Allerdings hat die EU-Kommission an dieser Stelle erhebliche Bedenken. Brüssels Argument: Bevor ein neuer Markt geschaffen werde, sollten die übermäßigen Subventionen in Erneuerbare Energien abgebaut werden. Da die Bundesregierung die Beihilfedebatte mit der EU nicht erneut aufflammen lassen will, wartet Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nun ab, bis die Kommission die neuen Beihilfeleitlinien im Januar 2015 verabschiedet hat.
Fazit: Es wird erst 2015 absehbar, wer die Zeche für die Versorgungssicherheit bezahlen muss. Teurer wird es in jedem Fall.