Lerneffekte in der Führungskaste
Argentiniens Regierung feiert einen kleinen Sieg, der Hoffnung macht. Das Land hat kürzlich einen neuerlichen formellen Default (Staatspleite) verhindern können. Die Administration in Buenos Aires leistete dazu eine Art Abschlagszahlung von 220 Mio. Dollar an die Gläubiger im Pariser Club. Auf diese Weise gelang zumindest eine Teil-Einigung mit den staatlichen Gläubigern.
Im Gegenzug zu dieser Teilzahlung wurden die Laufzeiten aktuell fälliger Beträge bis März 2022 verlängert. Nach Aussagen des argentinischen Wirtschaftsministers Martín Guzmán wurde eine Zahlung von insgesamt 430 Mio. Dollar in Raten vereinbart. Auf diese Weise sollen aktuell ausstehende 2,4 Mrd. Dollar abgegolten werden.
Der Wermutstropfen
Doch es gibt eine Kehrseite. Schon diese erste „anteilige Kapitalabschlagszahlung“ (so Guzman) hat dazu geführt, dass die Reserven des Landes auf 42,8 Mio. Dollar geschrumpft sind. Die Notenbank hat jetzt kaum noch Mittel, den Außenwert des Peso am offenen Markt zu beeinflussen. Für die Regierung von Präsident Alberto Fernández entstehen so weitere Unsicherheiten.
Spielraum für Verhandlungen gewonnen
Erkauft hat die Regierung damit Zeit für Verhandlungen mit dem IWF, um eine Schuld von fast 45 Mrd. Dollar zu refinanzieren. Gleichzeitig wartet Buenos Aires auf die Zuweisung des Anteils Argentiniens an den neugeschaffenen 456 Mrd. Sonderziehungsrechten (entspricht 650 Mrd. Dollar). Nach argentinischen Angaben soll dieser bei etwa 4,35 Mrd Dollar liegen. Lokalen Medien zufolge hat die heutige Vize-Präsidentin (und Vor-Vorgängerin von Alberto Fernandez) Christina Fernandez de Kirchner in Aussicht gestellt, dass diese Mittel zur Tilgung der von der Vorgängerregierung Mauricio Macris gemachten Schulden verwendet werden.
Macri nutzte die Mittel zu einem letztlich missglückten marktwirtschaftlichen Neustart der Wirtschaft. Er hatte noch eine Einigung mit den Gläubigern der von der Regierung Christina Kirchners nicht bedienten Altschulden erzielt.
Lerneffekt in der Staatsführung?
Möglicherweise ist Macris Vorgängerin zur Einsicht gekommen, dass Argentinien nicht gegen die Märkte gewinnen kann. Sie sucht jetzt pragmatischere Lösungen. Das kann eine Chance sein. Zumal unterdessen erkennbar ist, dass sich die Wirtschaft Argentiniens stabilisiert. Die gestiegenen Preise für die exportierten Agrarprodukte (Rindfleisch, Sojabohnen) schaffen Spielraum für Importe, die der Wirtschaft neue Möglichkeiten eröffnen.
Diese Fortschritte haben den Abwärtstrend des Peso bereits abgebremst (Kurs EUR|ARS: 114,5). Seit Mai ist eine gewisse Stabilität in den Kursverlauf eingekehrt. Seidem bewegt sich der Peso zum Euro in einem recht engen Band zwischen 113 bis 115,5. Das schafft Spielraum für die weitere Suche nach einer Lösung der Probleme Argentiniens.
Fazit: Nehmen Sie Argentinien als mögliches Investitionsziel wieder „auf den Schirm“. Zwar ist es für neue Engagements noch zu früh. Es könnten aber bald Erwartungen aufkommen, die sich positiv an den Märkten niederschlagen.
Empfehlung: Sehr mutige Investoren kaufen Peso und setzen auf einen hoffnungsbasierten zumindest vorübergehenden Trendwechsel, der sich möglicherweise gerade herausbildet.