Die jüngsten Wachstumszahlen Indiens wirken geradezu unglaublich: 7,5% für das letzte Quartal 2014, das 3. Quartal wurde sogar auf +8,2% revidiert. Damit hätten die Inder endlich einmal den übermächtig erscheinenden regionalen Konkurrenten China ausgestochen. Kein Wunder also, dass diese Zahlen Skepsis auslösen. Tatsächlich sind auch zwei gravierende statistische Neuerungen zu beachten: Das Basisjahr der Berechnungen wechselte von 2004 zu 2011. Praktische Konsequenz sind veränderte Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Sektoren. Die Anteile von Industrie und Dienstleistung haben sich auf Kosten der Landwirtschaft vergrößert. Zudem wurde der Bezugspunkt der Output-Messung von der bisherigen Erfassung zu Faktorkosten der Herstellung (angebotsseitig) auf die Erfassung zu Marktpreisen (nachfrageseitig) verlegt. Das entspricht den international üblichen Standards. Die frühere Methodik ergibt 5,3% und 5,5% anstelle der jetzt ausgewiesenen 8,2% und 7,5%.
Jenseits der absoluten Höhe der Wachstumszahlen bleibt die zentrale Botschaft, dass Indien tatsächlich eine stärkere wirtschaftliche Dynamik erlebt. Sie dürfte zu einem guten Teil der guten Stimmung und wohl auch den ersten Reform-Schritten der Regierung Modi zu verdanken sein. Die für die indische Politik wichtige Aussicht auf einen Gleichstand beim Wachstum mit China hatte sich schon im letzten IWF-Ausblick abgezeichnet. Er notiert für beide Staaten jeweils rund 7,5% Wachstum für 2016.
Fazit: Indiens neu Regierung hat offenbar einen starken Aufholprozess gestartet. Er lässt das Land zu einem attraktiveren Handelspartner und Investitionsziel werden. Problematisch bleibt allerdings der mangelnde Respekt indischer Gerichte vor dem geistigen Eigentum ausländischer Investoren, selbst wenn dies durch Patente geschützt ist. Hier bleibt Vorsicht geboten!