Kiew und Moskau zweifeln an Ukraine-Spur
Der Krimi um den Terroranschlag auf Nord Stream 1 und 2 wird immer wilder, wird sich aber in Luft auflösen. Vor kurzem hatte Russland bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates eine offizielle UN-Untersuchung der Terroranschläge beantragt. China hat den Antrag nachdrücklich unterstützt. Auch Ungarn hatte eine solche UNO-Untersuchung vor wenigen Tagen gefordert.
Laut US-Quellen, die von der New York Times anonym zitiert werden, gebe es nun Hinweise darauf, dass der Anschlag auf Nord Stream von pro-ukrainischen Aktivisten durchgeführt worden sein. Erstaunlich daran ist: Die USA waren bisher zu keinem Zeitpunkt in die Ermittlungen zu den Anschlägen auf dem Meeresboden der Ostsee involviert.
Spur der Attentäter soll in die Ukraine führen
Die Spur der Nord Stream-Attentäter soll nun in die Ukraine führen. Details zu den Ermittlungen werden aber nicht genannt, mindestens solange die Ermittlungen laufen. Das hat der Generalbundesanwalt gegenüber FUCHSBRIEFE bestätigt und betont, dass zu den Identitäten der Täter nichts gesagt werden könne. „Belastbare Aussagen dazu und zu einer staatlichen Steuerung können nicht getroffen werden“, so die Bundesanwaltschaft zu FUCHS.
Die Ukraine dementiert vehement ihre staatliche Beteiligung an einer solchen Operation. Diese Einschätzung teilt auch Russland. Aus Moskau war zu hören, dass niemand im Kreml es für wahrscheinlich halte, dass fünf Einzelakteure unbemerkt kiloweise Sprengstoff beschaffen, Bomben bauen und mit einer kleinen Charter-Yacht an zwei Stellen der Pipelines eine unbemerkte Nacht-und-Nebel-Aktion durchführen.
Lautstarke Zweifel an der Theorie der fünf Aktivisten
Diverse Sicherheitsexperten haben ebenfalls Zweifel an der Version. Es sei nicht vorstellbar, dass eine solch umfassende Operation ohne staatliche Unterstützung möglich ist. „Die Angreifer waren hervorragend ausgerüstet, gut informiert und ausgebildet.“ Das sagte der Sicherheitsexperte Manuel Atug. Andere Sicherheitsexperten und Beobachter teilen diese Einschätzung. Es ist kaum vorstellbar, dass eine kleine Gruppe einen Anschlag dieses Kalibers ausführen kann, so der Tenor.
Die Ukraine-Spur verursacht dennoch mindestens zwei Folgeprobleme. Erstens ist die Meldung ein gefundenes Propaganda-Fressen für Russland und Gegner des Westens. Im Internet und den sozialen Medien wird die Meldung ausgeschlachtet. Gut möglich, dass dies in der Politik den Impuls verstärkt, die sozialen Medien schärfer zu kontrollieren.
Ein Angriff durch die Ukraine wäre eine Katastrophe
Zweitens könnte die Meldung den ganzen Ukraine-Konflikt auf den Kopf stellen. Sollte eine staatliche Beteiligung der Ukraine zweifelsfrei bewiesen werden, dann könnte Russland das als einen Angriff auf seine Infrastruktur auffassen. Auch Deutschland müsste prinzipiell so argumentieren. Das müsste dann Schadenersatzforderungen auslösen. Die Akzeptanz für die Unterstützung der Ukraine dürfte dann ebenfalls in die Brüche gehen.
Theoretisch könnte das sogar den NATO-Bündnisfall zur Folge haben, wenn Deutschland argumentieren würde, dass die Ukraine unsere Infrastruktur angegriffen hat. Die NATO müsste dann gegen die Ukraine vorgehen. Würde Deutschland die NATO aber nicht um Hilfe anrufen, wäre das ebenfalls ein merkwürdiges Signal. Das Außenministerium von Annalena Baerbock (Grüne) hat zu unseren dazu am Mittwoch gestellten Fragen bis zum Redaktionsschluss nicht reagiert.