Entzaubern statt ausgrenzen
Der Kodex für einen fairen Wahlkampf ist wegen der Ausgrenzung zweier relevanter Parteien undemokratischer Nonsens. Anlass für den Kodex sollen die diversen Angriffe auf Politiker bei Wahlkampfveranstaltungen gewesen sein. Schon dieses Argument ist entlarvend. Denn erstens sollte es selbstverständlich sein, dass (nicht nur) wahlkämpfende Politiker in Deutschland unbehelligt aktiv sein können. Zweitens ist aber Fakt, dass es die meisten Angriffe im vorigen Jahr auf AfD-Politiker gab. Schon aus diesem Grund hätte die Partei als Zeichen demokratischer Stärke zu den Unterzeichnern des Kodex gehören müssen.
Der Kodex ist für eine Demokratie jedoch grundsätzlich befremdlich. Es ist völlig klar, dass Wahlkämpfe und politische Auseinandersetzungen hart, aber fair ausgetragen werden sollten. Dass sich ausgerechnet jene Parteien darauf verpflichten, die sich ohnehin für politisch-moralisch überlegen und fair halten, ist ein merkwürdiges Signal. Soll der Kodex eine disziplinierende Wirkung erzielen, wäre es geradezu zwingend gewesen, genau jene Parteien darauf zu verpflichten, denen man vorwirft, gegen die politisch-demokratischen Gepflogenheiten zu verstoßen.
Fairness-Kodex wird zum Ausgrenzungs-Angriff
Stattdessen wird der Kodex für einen fairen Wahlkampf zum Ausgrenzungs-Angriff. An mehreren Stellen gibt es von den "demokratischen Parteien" klare Verurteilungen der AfD (nicht einzelner Politiker) und schon vorab Absagen an jegliche Kooperation. Das ist politisch gewagt, immerhin könnte die AfD bei den Bundestagswahlen zur zweitstärksten Kraft werden. Bei den Landtagswahlen könnte die Partei sogar teilweise stärkste Kraft werden. Wollen sich dann alle anderen Parteien zu einer großen "Einheits-Koalition" zusammenschließen?
Der Kodex wird so zu einer Waffe für jene, die sich ausgrenzt fühlen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, dass Ideologie bekämpf werden müsse. Ideologie, also eine an eine soziale Gruppe gebundene Weltanschauung, lässt sich aber nicht durch eine Gegen-Ideologie bekämpfen, auch wenn diese schwarz-rot-grün-gelb ist. Zumal längst nicht alle potenziellen Wähler der AfD das Gedankengut manches AfD-Politikers teilen.