Europas große Ziele
Europa nimmt sich stets viel vor. Mit der Lissabon Strategie aus dem Jahr 2000 sollte die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt werden. Reden wir nicht drüber. Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise. Danach „die Populisten".
Und wieder will die etablierte Politik der Entwicklung ganz große Ziele entgegensetzen. Es geht um einen gemeinsamen Finanzminister, eine gemeinsame, abgestimmte Außenpolitik, eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird da schnell mal ungeduldig, wenn Berlin zögert. Eine Reihe mehr und weniger bekannter deutscher Politiker und Wissenschaftler hat in einem offenen Brief für eine Politik geworben, „die zu mehr Konvergenz führt". Eine Haushaltspolitik für die Eurozone, eine gemeinsame Arbeitsmarktpolitik bis hin zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Das sei jetzt nötig, um glaubhaft zu machen, dass Europa auch im Innern zusammenhält.
Das ist groß gedacht, ganz groß, denke ich. Und dann fällt mir der Brexit ein. Und dann der Ausklang der österreichischen Ratspräsidentschaft. Sie hat noch einmal bekräftigt, dass die Sommerzeit – wenn überhaupt – erst 2021 endet. Es ist gerade mal ein Vierteljahr her, da klang das bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker noch so: „Die Menschen wollen das, wir machen das."
Langsam mahlen die Mühlen...
Mit jedem Monat, der seitdem vergangen ist, kam ein Jahr Verzögerung hinzu. Das wirkt so, als wäre schon die Abschaffung einer überflüssigen Zeitumstellung für Europa „The next big thing". Wie viel Jahrhunderte warten wir dann wohl auf die gemeinsame Arbeitslosenversicherung?
Europa hat jegliche Beweglichkeit verloren. Und mit der Beweglichkeit gerät auch die Glaubwürdigkeit immer mehr infrage. Wer ständig große Ankündigungen macht, wohlwissend, dass sie in heterogenen Gesellschaften wie den heutigen westeuropäischen nicht (oder nur gewaltsam) durchsetzbar sind, verliert die Menschen für seine Ideen ebenso wie der, der gar nichts anpackt. Wer die Menschen bei so gewaltigen Vorhaben mitnehmen will, sollte erst einmal zeigen, dass er zügig die Abschaffung einer Zeitumstellung hinbekommt. Mit Möchtegern-Politik lässt sich jedenfalls kein besseres Europa bauen, findet Ihr