Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
2656
Die Diskussion um die nächste Rentenreform muss 2024 geführt werden

Angriff auf die faire Rente

Rentner. © Ralf Hirschberger / dpa / picture alliance
Die Rente ist nicht sicher. Vor allem nicht die Rentenhöhe. Sie muss zwingend zukunftsfest gemacht werden. Doch der Absicht, sie dem Umverteilungsstaat einzuverleiben, wie es der Sachverständigenrat mehrheitlich vorschlägt, muss schon im nächsten Jahr ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der deutschen Wirtschaft hat einen Stein ins Wasser geworfen, der bislang nur kleine Wellen schlägt. Er will das Äquivalenzprinzip bei der Rente abschaffen. Es besagt, dass die Rentenzahlungen äquivalent zu den Einzahlungen ausfallen müssen. Oder kurz: Wer viel eingezahlt hat, bekommt im Alter relativ viel heraus.

Das Problem der Politik: Die Altersarmut wird in Deutschland zunehmen. Dem unbegrenzten Schuldenmachen ist vorerst ein Ende gesetzt. Deshalb soll nun die Rentenversicherung – schon einmal „missbraucht“ durch die Regierung Kohl bei der Wiedervereinigung – zum Umverteilungsfonds des Sozialstaats umgewidmet werden. Personen mit einem geringen Lebenseinkommen und folglich geringen Rentenanwartschaften sollen überproportional hohe Rentenleistungen erhalten. Zur Finanzierung der Maßnahme würden die Rentenleistungen für Personen mit überdurchschnittlichem Lebenseinkommen gekürzt.

Pensionsbezieher und Selbständige wären die Profiteure

Statt also Altersarmut aus Steuermitteln zu mildern, wie es sich im solidarischen Sozialstaat gehören würde, sollen ausschließlich die Beitragszahler am oberen Ende geschröpft werden. Pensionäre, die im Schnitt ohnehin schon die rund dreifache Altersversorgung wie Rentner erhalten, würden verschont, egal wie hoch die Pension ausfällt.

Die Rente ist vor staatlichen Eingriffen nicht sicher. Der Generationenvertrag ist wie so vieles im politischen Betrieb ein Begriff, der unter falscher Flagge segelt, wie etwa der „Spar“-Haushalt. Es ist ein Vertrag, der vom Gesetzgeber jederzeit einseitig geändert werden kann. Was ihn daran hindert, ist allein das Wahlverhalten der Wähler.

Das unmöglich Scheinende möglich machen?

SPD-nahe Rentenexperten wie der ehemalige Hochschulprofessor für Ökonomie Bert Rürup, von 2000 bis 2009 selbst Vorsitzender des Sachverständigenrats, heute „Chefökonom“ des Handelsblatts, sind auf den Zug schon aufgesprungen: „Durch mehr interne Umverteilung würde die Rentenversicherung zukunftssicherer.“ Rürup ist auch ein eifriger Verfechter der Idee, die Beamten in die GRV zu zwingen. Der Sachverständigenrat möchte das mehrheitlich auch. Doch das wird am deutschen Beamtenstaat – dem nicht zuletzt die Richterschaft und indirekt die Abgeordneten angehören – scheitern. Sie werden sich ihre enormen Privilegien nicht nehmen lassen, solange sie selbst die Hand darauf halten.

Dass durch politische Selbstbedienung „die Akzeptanz des Generationenvertrags steigen dürfte“, wie Rürup meint, ist eine steile These. In einem Sondergutachten hat sich die Sachverständige Veronika Grimm daher gegen die Mehrheitsmeinung ihrer Kollegen gestellt. Sie hat zahlreiche Gegenanzeigen gegen die Abschaffung des Äquivalenzprinzips zusammengetragen. Es gilt also, die Packungsbeilage dieser für die meisten anscheinend süßen Medizin zu lesen.

Umverteilung muss übers Steuersystem geschehen

Auch Grimm ist überzeugt, dass die Einbeziehung der Beamten und Selbständigen – zusammen heute 13% der Erwerbsbevölkerung – politisch scheitern wird. Grimm plädiert deshalb für Umverteilung übers Steuersystem. Denn: „Die Umverteilung über die GRV ist zwangsläufig weniger zielgenau als die Bekämpfung von Armutsgefährdung über das Steuer- und Transfersystem.“ Kein Wunder, denn die individuellen Alterseinkommen sind nicht mit den Haushaltseinkommen gleichzusetzen. „So könnte eine weitergehende Abweichung vom Äquivalenzprinzip umso stärker auf Ablehnung stoßen, je mehr Arbeitnehmer profitieren, die anderweitig abgesichert sind und je weniger die leistungsfähigen Erwerbstätigen außerhalb der GRV für die Finanzierung herangezogen werden.“

Um eine Belastung von Unternehmen durch Steuererhöhungen zu vermeiden, wäre es angezeigt, „im Zuge einer ohnehin zielführenden Reform der Unternehmensbesteuerung die Besteuerung von Personengesellschaften von der Einkommensteuer zu entkoppeln“, schlägt Grimm vor.

Flucht aus der gesetzlichen Rente vorgezeichnet

Gerade für Gutverdiener würden Anreize überproportional ansteigen, sich dem Rentensystem zu entziehen. Etwa durch Selbständigkeit oder – wie es seit Jahren verstärkt geschieht – durch Auswanderung. „Die Abwanderung von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit nimmt seit Jahren zu“, so Grimm. Und: Die Anzahl der Selbständigen in den freien Berufen (Unternehmensberater, Rechtsanwälte, Ärzte, Ingenieure) hat sich seit dem Jahr 2001 verdoppelt. Die Anzahl der gewerblichen Nebenerwerbsgründungen ist im Jahr 2020 um 9,9 % auf 290.000 gestiegen. Nicht zuletzt drohe ein Wettbewerb der Parteien darum, die eigene Klientel im Zuge der „Reform“ in den Vorteil zu bringen.

Unterstützung aus anderen Ländern

Grimm erhält für Ihre Argumentation jede Menge Unterstützung aus der Praxis anderer Länder. So warnt Winfried Pinggera, Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt Österreich aus den Erfahrungen in Österreich davor, sozialpolitisch motivierte Umverteilung über das Rentensystem vorzunehmen. Dies würde die Akzeptanz der gesetzlichen Rente schwer in Mitleidenschaft ziehen. 

Dina Frommert vom Geschäftsbereich Forschung und Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung Bund sieht das ebenso. Eine Akzeptanz gelinge nur dann, wenn das Rentensystem alle Arbeitnehmer umfasse. Ein so in berufliche Sondersysteme (Versorgungswerke der Ärzte, Rechtsanwälte sowie andere Freiberufler und Beamte) zersplittertes System wie das deutsche, könne diese Diskussion nicht bestehen. Hier würde am Ende eine kleine Anzahl von Rentenbeziehern mit langjährig hohen Beiträgen – ähnlich wie beim Solidarzuschlag – erneut über das Abgabensystem zu sozialpolitischen Sonderleistungen herangezogen, die eigentlich die Gesamtgesellschaft tragen müsste, was also offensichtlich nicht fair sei.

Umkehrschluss

Umgekehrt ließe sich fordern: Sollte das Äquivalenzprinzip aufgehoben werden, gälte es auch, Kinderlose deutlich stärker zur Finanzierung der GRV heranzuziehen als Väter und Mütter. Denn Kinderlose erfüllen den „Generationenvertrag“ nicht. Ob gewollt oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Fazit: In dieser Legislaturperiode ist nicht damit zu rechnen, dass eine Rentenreform aufs Tapet kommt. Die Ampel ist schon mit dem überfordert, was aktuell auf ihrem Zettel steht. Doch in der nächsten Legislaturperiode wird es unumgänglich, die Rente wieder in den Blick zu nehmen. Von 2025 bis 2029 werden die Babyboomer aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Dann fällt den Berliner Flickschustern das Problem ohnehin vor die Füße.
Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2024: DGK & Co. Vermögensverwaltung AG

DGK brilliert in aller Kürze

Thumb Stiftungsvermögen 2024, © Grafik Redaktion Fuchsbriefe mit Envato Elements
In der Kürze liegt die Würze: Dieses abgedroschene Sprichwort bekommt durch den Vorschlag von DGK eine neue, erfrischende Bedeutung: Wo andere Anbieter – in allen Ehren – den doppelten bis dreifachen Platz benötigen, kommt der Hamburger Vermögensverwalter mit einem äußerst informativen Anschreiben, zwei intelligenten Rückfragen und einem siebenseitigen Vorschlag aus. Vor allem die Rückfragen zeigen, dass man sich intensiv mit der Stiftung befasst. Gute Aussichten auf eine hochwertige Empfehlung?
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2024: G & H Gies & Heimburger Vermögens-Management GmbH

G & H kann mit Edelstein TOPAS nur bedingt punkten

Thumb Stiftungsvermögen 2024, © Grafik Redaktion Fuchsbriefe mit Envato Elements
Sehr tiefschürfend sind die Informationen über den Kelkheimer Vermögensverwalter Gies & Heimburger auf dessen Website nicht. Drei Herren mittleren Alters schauen dem Leser freundlich entgegen. Bei der weiteren Recherche stellen sie sich als die Geschäftsführer Markus Gies sowie Bernd und Hans Heimburger heraus. Man sei ein bankenunabhängiger, professionell organisierter Vermögensverwalter mit viel persönlichen Erfahrungen. Reicht das, um die Stiftung Fliege zu überzeugen?
  • Fuchs plus
  • Forschung zur Rückeinspeisung von Strom aus dem E-Auto

Geld verdienen mit dem Strom-Verkauf aus E-Autos?

Elektro-Auto an einer Ladestation © Wellnhofer Designs / stock.adobe.com
Können E-Autos das Stromnetz stabilisieren und der gespeicherte Strom vielleicht sogar ertragreich wieder verkauft werden? Diese Fragen werden in einem Forschungsprojekt untersucht.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Gold und Bitcoin gleichzeitig auf Allzeithochs

(Warum) Misstrauens-Anlagen boomen

Wenn zinslose Anlagen ohne „Gebrauchswert“ einen Preisboom verzeichnen, sollt man aufhorchen. Dann könnte „etwas im Busch sein“. Dies ist so ein Moment. Der Goldpreis verzeichnet mit 2.316 USD (2.163 EUR) einen Rekordpreis. Der Bitcoin tendiert mit 64.182 USD (59.962 EUR) ebenfalls um sein Allzeithoch herum. Und das, obwohl Zinsanlagen wieder attraktiv sind und auch die Börse Höchststände feiert, es also genügend Anlagealternativen gibt.
  • Fuchs plus
  • Dollar zeigt Muskeln

Fed im Stagflations-Dilemma

Die US-Notenbank Fed steckt in einem Stagflations-Dilemma. Das geht klar aus den jüngsten Zahlen zur US-Wirtschaftsentwicklung hervor. Noch rätseln die Märkte darüber, wie sich die Fed aus diesem Dilemma befreien will. Die Antwort dürfte bald absehbar werden - und vielen Zinssenkungs-Optimisten nicht gefallen. Der Dollar wird darauf noch kräftig reagieren.
  • Fuchs plus
  • US-Leitzins bewegt auch europäische Währungen

Pfund und Franken leiden unter Dollar-Stärke

Alle Welt schaut auf den US-Dollar und was die US-Notenbank aus den jüngsten Konjunktur- und Inflationsdaten macht. Anleger, die ihren Fokus etwas weiten, werden gute Anlagechancen bei einigen Cross-Rates entdecken. FUCHS-Devisen zeigt sie auf.
Zum Seitenanfang