Der heimliche Mitregent
Die Grünen sitzen bereits mit am Regierungstisch, bevor sie in der Verantwortung sind. Das zeigt sich am besten an der Diskussion um die CO2-Steuer. Seitdem die Ökos in Wahlumfragen auf Augenhöhe mit der Union sind – die jüngste Emnid-Umfrage von Samstag sieht die Grünen bei 24%, die Union bei 26% – kippt dort die Meinung Richtung Befürwortung der Steuer, die eigentlich eine SPD-Steuer ist.
Der Grund: Die Union weiß, dass sie bei Neuwahlen die Grünen als Koalitionspartner braucht. Und das Beispiel Bremen hat sie das Fürchten gelehrt: Dort ging zwar die CDU als stärkste Kraft aus den Wahlen hervor. Aber dennoch bildete sich die Regierung aus Rot-Rot-Grün mit einem Regierenden Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Und die Klimapolitik ist das alles durchziehende Thema im Koalitionsvertrag. Kosten spielen im hoch verschuldeten Bremen keine Rolle.
Die Furcht vor Rot-Rot-Grün in der Union
Eine solche Konstellation wäre rechnerisch auch im Bund möglich. Stellen die Grünen also nicht selbst den König (Kanzler/in), sind sie auf jeden Fall der Königsmacher.
Das Gutachten des Sachverständigen-Rats ist der letzte Impuls, die Union „auf Kurs zu bringen". Der Rat verhält sich politisch neutral und hält die Steuer ebenso wie ein nationales Emissionshandelssystem für gangbare Wege.
CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte anfangs noch richtig erkannt, dass die Steuer Symbolpolitik und Umverteilungspolitik ist. Denn der Nutzen fürs Klima wird über Jahre hinweg gleich null sein. Deutschland verursacht 2% des weltweiten CO2-Ausstoßes, Europa 10%. Europa soll im Geleitzug Deutschlands aber „voranschreiten" und ein Vorbild für die Welt sein, ist nun die politische Lesart auch in wachsenden Teilen der Union.
Die Union will in einem neuen Wahlkampf keine Angriffsfläche für Klimaaktivisten und Grüne bieten
Die Union fürchtet, in einem kommenden Wahlkampf Angriffsfläche zu bieten. Und das ist beim derzeitigen Meinungsklima nicht opportun. Dass ökonomisch eine Lösung über den Zertifikatehandel die sinnvollere Lösung wäre, steht mindestens im Wirtschaftsflügel außer Frage. Nur: Sie dauert länger und lässt sich europaweit vorerst nicht durchsetzen.
Fazit
Unter Parteichefin Merkel machte die CDU unter dem Eindruck von Fukushima den ersten großen klimapolitischen Fehler. Sie rief von jetzt auf gleich das Ende der Atomkraft als klimaschonender Brückentechnologie aus. Jetzt macht ihre Nachfolgerin AKK unter dem Druck der Klimaprotestler den nächsten Fehler. Sie entscheidet sich gegen bessere Einsicht für die CO2-Steuer. So verhalten sich Fähnchen im Winde.