Der Preis der Großstadt-Strategie
Die bisherige Strategie der CDU, in den Städten mit neuen, modernen Programmen Wähler zu gewinnen, ist nicht aufgegangen. Der CDU-Wähler sucht vorrangig 'Köpfe' und weniger Programme.
Die Strategie der Union, mit neuer Programmatik links von der Mitte in Großstädten zu punkten, zündet nicht. Das werden die Bürgerschaftswahlen am 15. Februar in Hamburg erneut bestätigen. Mit 20% in der jüngsten Umfrage liegt die CDU mit ihrem Spitzenmann Dietrich Wersich als Herausforderer des voraussichtlich erneuten Wahlsiegers Olaf Scholz (SPD) sogar noch 2 Punkte unter dem Wahlergebnis der Union von 2011. Hamburg dürfte sich in die ununterbrochene Reihe schlechter Wahlergebnisse bei Oberbürgermeisterwahlen in der Ära Merkel einordnen. Ob Frankfurt am Main, Stuttgart oder zuletzt im Frühjahr 2014 Duisburg und Düsseldorf: Überall räumte die CDU ihre einstige Spitzenposition in großen Städten. Nichts deutet darauf hin, dass sich schwaches Personal durch eine vermeintlich großstadttaugliche Programmatik kompensieren lässt. Bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 dagegen lag die Union in allen diesen Städten vorn. Dazu war man auch noch die stärkste Partei in traditionell von der SPD geführten Städten wie Nürnberg, München oder Saarbrücken. Auch aktuell fährt die Merkel-Union in der Sonntagsfrage (Wie würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre?) stetig Ergebnisse oberhalb der 40%-Marke ein. Die Diskrepanz zwischen Bund und Kommunal- bzw. Landtagswahlen verdeutlicht: Der CDU-Wähler wählt Köpfe, nicht Programme. Doch neue fähige Köpfe kann die CDU bislang nicht anziehen. Diese müssten dem großstädtischen Publikum, so wie ein Ole von Beust, die neue CDU glaubwürdig rüberbringen. Mit angepassten politischen Konvertiten fremdelt der Großstadtwähler offensichtlich. Es bleibt somit bei Merkel als Zugpferd im Bund. Im Gegenzug zeigt sich schon der Preis der „Großstadt-Strategie“. Die Union verliert bei (national)konservativen Wählern, gibt politischen Alternativen Raum, weil ihr in diesem Spektrum Charakterköpfe fehlen. Im Ergebnis scheint der Ansatz also ein Rohrkrepierer zu sein. Doch hat die Großstadt-Strategie noch einen zweiten Aspekt: Die CDU macht sich hübsch für Bündnisse mit den Grünen. Von wegen, man setze stur auf eigene Mehrheiten. Nur mit einem koalitionsstrategischen Ansatz kann die Rechnung für die CDU aufgehen. Sie löst sich damit von der bisherigen Zwangspartnerschaft mit der FDP – wenn sie nicht eine Große Koalition eingehen will. Dennoch ist der Preis hoch, den die Union für die Bündnisfähigkeit im linksbürgerlichen Milieu zahlt. Das Rekrutieren von Persönlichkeiten fällt ihr schwerer als früher. Zum einen fischen die Grünen selbst geeignete Kandidaten weg. Aber auch Freie Wähler und die AfD angeln im gleichen Kandidatenteich. Knorrige Konservative lassen sich für die sozialdemokratisch weichgespülte Union kaum erwärmen.
Fazit: Die Großstadt-Strategie der Union bringt ihr vor allem Bündnisfähigkeit mit den Grünen, nicht aber eigene Stärke. Merkels Erfolg als Person übertüncht die schwache Substanz der CDU.