Grummeln hinter Lindner
Der 69. Bundesparteitag der FDP am Wochenende in Berlin camoufliert die einsetzende innerparteiliche Debatte um den Parteivorsitzenden. Die Programmpunkte Innovationen, mehr Frauen in der Partei und EU-Haushalt verdecken das eigentliche Thema: Wie ist die Position des Parteivorsitzenden Christian Lindner. Und wie lange hält der innerparteiliche Frieden?
Der Mann, der die Liberalen politisch wiederbelebt hat, schwächelt. Lindner war König in der FDP, weil er die Rückkehr in den Bundestag erst ermöglicht hat. Doch in den Regierungsverhandlungen hat sich der brillante Redner argumentativ selbst ins Aus geschossen. Der Abbruch der Regierungsverhandlungen kam zu unmotiviert, um wirklich überzeugend zu wirken.
Wo ist die FDP?
Seitdem herrscht auch mediale Flaute. Im Bundestag ist die Fraktion zwar fleißig und sachlich überzeugend. Doch kann sie ihre Themen Bildung und Digitales kaum platzieren. Die Szene beherrscht gewöhnlich die größte Oppositionspartei AfD. Deshalb stockt auch die Mobilisierung der FDP-Anhänger.
Das bislang weitgehend makellose Bild des FDP-Spitzenmannes hat inzwischen einige tiefere Kratzer. Da ist das Scheitern von Lindners Ehe mit einer einflussreichen Redakteurin der „Welt". So häufig wie früher wird es da nicht mehr zu positiven Artikeln kommen. Auch wird darüber getuschelt, dass es Lindner nicht gelungen ist, Angela Merkel kleinzukriegen und liberale Akzente zu setzen. Das sei der SPD mit eigenen Akzentsetzungen weitgehend gelungen.
Stolzer Sieger
Auf dem Parteitag bleibt Lindner unangefochten. Aber die Siege von 2017 sind schon der Schnee von gestern. 2018 sind die Voraussetzungen deutlich schlechter: Weder in Bayern noch in Hessen ist die FDP erste Wahl für eine Regierungsbeteiligung.
Dennoch wird der Parteitag nicht reibungslos über die Bühne gehen. Anlass ist die Frage der Position der FDP zu den Russland-Sanktionen. Lindner hatte zunächst öffentlich für die Aufhebung plädiert und dies mehrfach verteidigt. Dann sah er sich eines anderen belehrt und will nun den Parteitag auf die Sanktions-Linie bringen.
Fehlender Rückenwind aus Partei und Landesebene
Das geht auch gegen den alten Fuchs und wichtigsten Mitstreiter Wolfgang Kubicki. In der Frage um die Aufhebung der Russland-Sanktionen blieb dieser standhaft. Er bezeichnete sich sogar als das „vernünftige Sprachrohr der Partei". Und weiß zumindest einige Ost-Landesverbände hinter sich.
Die FDP-Regierungsbeteiligungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben bisher wenig Außenwirkung. Die CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther und Armin Laschet beherrschen die Bühne. Im Bundesrat sitzen die Liberalen fest auf der Unionsbank. Auch hier dringen sie nicht mit eigenen Themen durch.
Fazit:
Die Liberalen haben durch Lindner zwar die Rückkehr in die mediale Öffentlichkeit und
den Bundestag geschafft. Doch dann sind sie im Morast der Koalitionsverhandlungen steckengeblieben. Von Lindner wird erwartet, dass er sie da bald rausholt.