Der Arbeitsmarkt entscheidet
Hollande nimmt sich kein Beispiel an Gerhard Schröder.
Hollande nimmt sich kein Beispiel an Gerhard Schröder. Der französische Präsident hat nicht den Mut, da anzusetzen, wo das vom damaligen deutschen Kanzler initiierte Modell „Agenda 2010“ die größten Erfolge hervorbrachte: am Arbeitsmarkt. Es bleibt – neben steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen – in Frankreich bei Kosmetik. Unternehmen, die Jugendliche einstellen, erhalten drei Jahre lang 35% Lohnzuschuss. Bei nicht-kommerziellen Organisationen wie Vereinen sind es 75%. Der Kündigungsschutz bleibt aber unangetastet. Und wer 43 Jahre lang Beiträge gezahlt hat, kann im Jahre 2035 im Alter von 62 Jahren in Rente gehen. Bisher galten 60 Jahre. Dabei wundert sich das Ausland über die enormen Effekte einer gelungenen Arbeitsmarktpolitik – zum Beispiel Deutschlands. Die schweizerische Zeitung „Finanz und Wirtschaft“ schreibt über „Deutschlands Boom ohne Wachstum“. Berechtigterweise. Denn Europas „Wachstumsmotor“ hat tatsächlich kaum Zugkraft: 0,4% BIP-Plus in 2013 sind alles andere als überragend. Was dagegen überzeugt, sind die stetig steigende Zahl an Erwerbstätigen (jetzt 42 Mio.) und neu geschaffenen Stellen (250.000 p. a.), die niedrige Arbeitslosenquote (6,7%) und als Resultat daraus halbwegs gesunde öffentliche Haushalte. In den USA dagegen war das BIP-Wachstum 2013 mit gut 2% vermeintlich deutlich höher. Doch die Arbeitslosenquote sank dennoch nur von 8,1% auf 7,4% und die Neuverschuldung lag bei 6,4% vom BIP. Das zeigt: Hohes, staatlich gepuschtes Wachstum schafft nicht unbedingt viele Arbeitsplätze. Aber ein funktionierender Arbeitsmarkt ist der Schlüssel zu gesunden Haushalten und damit zum dringend notwendigen Schuldenabbau: öffentlich wie privat. Hollande muss diese Lektion offensichtlich noch lernen. Im Vergleich schneidet Frankreich schlecht ab: Die Erwerbstätigenquote Frankreichs liegt derzeit bei 64%. In Deutschland sind es über 70%. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt in Frankreich 25,7%, in Deutschland 7,5%. Der französische Staat machte 2013 ein Defizit (4%), Deutschland nicht. Die Staatsverschuldung des Nachbarlandes liegt bei 93,5% des BIP. In Deutschland sind es – trotz der finanziellen Lasten der Wiedervereinigung – 79,2%. Arbeitslosen- und Rentenversicherung weisen in Frankreich Milliardendefizite auf. Deutschland kommt auf ein Plus. Frankreichs Defizit in der Arbeitslosenversicherung lag 2013 bei über 19 Mrd. Euro. Kein Wunder, denn Arbeitslosengeld bekommt, wer vier Monate lang in den letzten 28 Monaten eingezahlt hat. Dann gibt es gestaffelt bis zu drei Jahre Geld – in der Spitze 6.165 Euro im Monat. In Deutschland sind es maximal 18 Monate und höchstens 2.296 Euro monatlich.
Fazit: Der Arbeitsmarkt ist der Schlüssel zu gesunden Staatsfinanzen. Frankreichs Präsident François Hollande benutzt ihn immer noch nicht. So wird unser Nachbar – wie andere Eurostaaten auch – ein Sanierungsfall bleiben.