Eine Ampel für Polen
Die Regierungsbildung könnte aber langwierig werden. Polens Präsident Andrzej Duda könnte der amtierenden PiS-Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Deren Koalition wurde zwar abgewählt, die PiS ist mit 36,8% aber die stimmenstärkste Partei. Sie könnte versuchen Wege zu einer Minderheitsregierung auszuloten. Erst wenn das scheitert, könnte Tusk zum Zug kommen.
Polen braucht eine starke Regierung
Tusk muss dann zeigen, dass er eine stabile Regierung bilden kann, die für Polen auch Erfolge liefert. Denn wenn er das nicht schafft, droht ein Slowakei-Szenario. Dort regierte seit 2020 ein breites Bündnis aus konservativen, rechtspopulistischen und liberalen Parteien. Die Regierung scheiterte daran, dass sie es nicht schaffte die Inflation und die Energiekrise zu lösen. Der mutmaßliche neue "alte" Regierungschef ist nun wieder der Linkspopulist Robert Fico.
Polens neue Regierung braucht einen gemeinsamen Kern, will sie nicht ebenfalls scheitern und dadurch wieder der PiS in wenigen Jahren zur Macht verhelfen. Europapolitisch sind sich Tusk und seine Partner einig, dass es eine Wende braucht, die umstrittene Justizreform rückgängig gemacht werden müsse, um so EU-Gelder frei zu bekommen. Dass sie im Wahlkampf gemieden haben sich zu einem Euro-Beitritt zu positionieren, deutet bereits erste Unstimmigkeiten an. Auch bei grünen und sozialen Themen dürfte es Differenzen geben.
Tusk hat weiterhin starke Widersacher
Daneben wird sich Tusk gegen eine starke Opposition wehren müssen. Vor allem in den ländlichen Gebieten ist die PiS-Partei stark verankert. Sie hat die polnische Verwaltung auf allen Ebenen mit Partei-Funktionären durchsetzt (FB vom 12.06.2023). Sie dürften Tusk auf lokaler Ebene das Leben erheblich erschweren. Die Korruption hat unter ihnen stark zugenommen. Auch hier muss Tusk Erfolge zeigen - andernfalls könnte auch dieses Thema ein echter Stolperstein werden.