China: Kapitalflucht
Aus China fließen hohen Geldsummen ab. Die Führung ist zu Recht beunruhigt. Denn die Gründe für diese Entwicklung rühren am Kern des zentralistisch gesteuerten Systems.
Die Unruhen an den chinesischen Finanzmärkten scheinen rätselhaft. Selbst wenn das Wachstum im Zuge der Neuausrichtung von der export- hin zur konsumorientierten Wirtschaft auf nur etwa 5,5% absinken sollte, wäre damit immer noch ein fulminanter Wachstumspfad gegeben. Diese Begründung macht also wenig Sinn. Als Ursache wesentlich näher liegen Meldungen der chinesischen Medien über Fahndungserfolge der amtlichen Korruptionsbekämpfer. Dort tauchen zunehmend Hinweise auf illegale Transfers ins Ausland auf, die aus dem informellen Finanzsystem der so genannten Schattenbanken abgewickelt werden. Die dabei genannten Summen sind erheblich. Sie erreichen schon in den einzelnen Fällen zweistellige Milliardenbeträge in Euro oder Dollar. Zudem hat die offizielle Kampagne gegen Korruption bereits so viele prominente Opfer gefunden, dass davon eine erhebliche Verunsicherung unter den Kadern der Kommunistischen Partei ausgehen dürfte. Das sind gute Gründe, illegal erworbenes Vermögen auf dem Weg über die Finanzplätze Hongkong und Macau im Ausland verschwinden zu lassen. Die Kapitalflucht liefert somit eine weitere Facette des Versagens der politischen Führung. Diese hat kein Konzept, wie die Herrschaft einer kommunistischen Partei in einem kapitalistischen Umfeld funktionieren könnte.
Fazit: Die Loyalität der Funktionäre kann nicht mehr durch ideologische Treue hergestellt werden, sondern erfordert materielle Vorteile. Die damit sprießende Korruption lähmt wiederum die zentrale Steuerung.