Ein bisschen Frieden
Deutschland setzt im Syrienkonflikt auf Diplomatie. Doch die entscheidenden Fortschritte gründen auf die Drohung mit Waffengewalt.
Der unentwirr- und unlösbar erscheinende Syrienkonflikt macht möglicherweise doch größere Fortschritte in Richtung Waffenruhe. Der saudische Außenminister Adel al Dschubeir hat vor zehn Tagen ein entsprechendes Stichwort in die Debatte geworfen. Sein Land sei bereit, die „gemäßigten Rebellen“ in Syrien mit Boden-Luft-Raketen auszurüsten. Sie sollten, fügte er schlau abwiegelnd hinzu, in die Lage versetzt werden, „Hubschrauber und Flugzeuge des Regimes auszuschalten“. Baschar al-Assads Luftwaffe ist freilich mehr tot als lebendig. In Wahrheit richtet sich der Wink mit dem Kriegsbeil an die Russen. Die haben auch sofort verstanden, welche Gefahr für ihre Bomber da heraufzieht. Bisher besitzt keine der in Syrien kämpfenden Gruppen Luftabwehr-Raketen dieser Art. Sie sind anderswo schon seit vielen Jahrzehnten in Gebrauch, sind immer mobiler und vor allem treffsicherer geworden. Das gilt für amerikanische wie für russische lafettengestützte Batterien. Die Saudis verfügen über amerikanisches Gerät. Dessen modernste Versionen bewiesen im letzten Gaza-Konflikt, dass sie selbst Raketenangriffe angeblich zu 90% erfolgreich abwehren können (Israels „Iron Dome“). Die plötzliche russische Friedensbereitschaft hat auch die Türkei befördert. Und zwar mit ihrem entschlossenen Abschuss eines russischen Kampffluzeugs und der Drohung, mit Bodentruppen in den (kurdischen) Norden Syriens einzumarschieren. Seither sieht der Kreml einen neuen „Kalten Krieg“, wenn nicht sogar einen „Dritten Weltkrieg“ heraufziehen – den sich Russland, darin fast alleinstehend, nie leisten könnte. Dass der französische Staatspräsident François Hollande die Türken darob heftig tadelte, gehört zum verbreiteten „Schwachsinn“ europäischer Politik. Saudi-Arabien will unter dem neuen König und Premierminister Salman eine potente Regionalmacht werden. Noch unter dem verstorbenen König Abdullah lebte es nach der Devise: niedriges Profil, nirgends einmischen, Öl verkaufen und Wohlstand sichern. Jetzt scheut es, wie der Jemen zeigt, selbst militärische Konflikte nicht mehr. Der Syrienkrieg droht die Region unerträglich zu destabilisieren, am Ende auch das saudische Regime. Natürlich geschehen die neuen Interventionen vorrangig aus Eigennutz. Aber genau deshalb sind der Kreml und sein Schützling Assad gewarnt.
Fazit: Ein „bisschen Frieden“ in Syrien erscheint zumindest nicht mehr aussichtslos.