Moskau reagiert irrational
Wer in Russland Geschäfte machen will, bekommt immer mehr Gegenwind.
Die Risiken im Russland-Geschäft steigen. Das Land kapselt sich zunehmend ab. Einzelne Schritte der Regierung tragen immer irrationalere Züge. Es fehlt an einer Strategie, den Folgen der Sanktionen zu begegnen. Daher kommt es zu hektischem Aktivismus, auch auf Gesetzgebungsebene. Mit einer rasch weiter voranschreitenden Inflation und einer anhaltenden Verschlechterung der Lebensumstände könnte es zu weiteren Gefährdungen von Investitionen aus dem Ausland kommen. Die Zentralbank bekommt die Inflation nicht in den Griff. Im September ist sie aufs Jahr gerechnet um 8,1% gestiegen. Das Wirtschaftsministerium rechnet mit 12-13% bis zum Ende des Jahres. Der Leitzins steht bereits bei 8%. Manche Lebensmittel sind nicht mehr zu erhalten. Grund ist die den Rubel schwächende Kapitalflucht. Sie könnte nach Schätzung des russischen Wirtschaftsministeriums bis Ende 2014 gut 120 Mrd. Dollar erreichen. Die Währung ist schon auf den Tiefststand von 49,99 zum Euro und 39,60 zum US-Dollar gefallen. Statt die Ursachen anzupacken, doktert die Regierung in Moskau an den Folgen herum und straft die Überbringer schlechter Nachrichten ab. Erneut gibt es Gesetze und Initiativen, die die Medienfreiheit einschränken. Ab 1.1.2017 dürfen ausländische Medienunternehmen nur noch einen Anteil von max. 20% an einem Unternehmen in Russland halten. Etliche Verlage, darunter drei deutsche, sind von dieser Quasi-Enteignung betroffen. Auch das Internet soll stärker kontrolliert und zur Not abgeschaltet werden. Ausländische NGOs sind schon länger in Ungnade gefallen. Es besteht die Gefahr, dass sich der Unmut über die Folgen von Sanktionen und der Aktivismus der Regierung hochschaukeln. Unternehmer müssen damit rechnen, dass die Regierung immer unberechenbarer reagiert. Kapitalverkehrskontrollen sind dann nicht mehr unwahrscheinlich. Entsprechende Gerüchte dementierte die Regierung zwar. Doch Sergey Glazev – Wladimir Putins engster Berater – äußerte danach, dass sie notwendig werden würden. Mit der vollen Konvertibilität des Rubel – 2015 war von der Regierung beabsichtigt – ist ohnehin nicht mehr zu rechnen.
Fazit: Die Gefahr der indirekten (Inflation, Außenwert) als auch die Gefahr der direkten Enteignung muss in Russland immer ernster genommen werden