Italien: Renzis Roulette
Am 4. Dezember lässt Premier Renzi Italien über eine Verfassungsreform entscheiden, die das Land reformierbar machen soll. Die Zeichen stehen auf Ablehnung.
Italien steuert auf einen unruhigen Jahreswechsel zu. Grund ist das auf den 4. Dezember angesetzte Referendum zur Verfassungsreform. Regierungschef Matteo Renzi (PD) hat damit politisch alles auf eine Karte gesetzt. Er möchte das derzeitige blockadeanfällige System aus zwei gleichberechtigten Parlamentskammern abschaffen. Der neue Senat soll künftig nur noch aus 100 Mitgliedern bestehen statt wie bisher aus 315. Geändert werden soll auch der Wahlmodus für den Staatspräsidenten: Das Parlament soll das Staatsoberhaupt künftig in einer Geheimabstimmung möglichst mit Zweidrittelmehrheit wählen. Die Umfragen zeigen mit hoher Konstanz ein Nein zur Verfassungsreform an. Es wird also äußerst knapp für Renzis Vorhaben: Denn das Lager der Unentschlossenen ist nicht sonderlich groß. Den größten Anteil in den Umfragen stellen jene Italiener, die ihre Stimme konsequent nicht abgeben wollen. Renzi hat das Referendum zu einem Vertrauensvotum über seine Person stilisiert. Damit hängt sein politisches Überleben an dessen Ausgang. Er muss mit seinen Mitstreitern also einen intensiven Endspurt vorlegen, um als Sieger ins Ziel zu laufen. Renzis Problem: Nicht nur politische Cowboys wie Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi stellen sich gegen ihn. Auch honorige Persönlichkeiten wie der ehemalige Oberste Richter am Corte Suprema di Cassazione, dem obersten Gericht Italiens, sprechen sich gegen die Reform aus. Der Grund: Die Änderungen machen jede Regierung für die fünf Jahre ihrer Amtszeit unangreifbar. Denn sie hat automatisch die Mehrheit im Unterhaus und kann Gesetze nach Belieben durchpauken. Eine solche Reform könnte künftige Regierungen begünstigen, denen man lieber nicht die uneingeschränkte Verantwortung überlässt. Schon nach der nächsten Wahl könnte dies der Fall sein. Dann könnte die Partei des Polit-Clowns Beppe Grillo, M5S (Fünf-Sterne-Bewegung), an die Macht kommen. Ein Gedanke, der manchen Italiener schaudern lässt.
Fazit: Scheitert Renzi, steht Europa eine neue turbulente Phase bevor. Auch die Finanzmärkte könnten zumindest kurzfristig abtauchen. Denn die Chancen, das ebenso verkrustete wie verschuldete Italien zu reformieren, würden deutlich sinken.