BASF ist in Sachen Compliance-Transparenz nicht schlecht unterwegs
Mit dem Rückzug aus dem Gashandel ist BASF zu einem reinen Chemiekonzern geschrumpft. Im internationalen Vergleich steht das Unternehmen wirtschaftlich gut da, auch wenn der Produktionsstopp einer nagelneuen Großanlage für Kunststoffe ein herber Rückschlag war, der dann auch noch begleitet wurde von der schweren Explosion im Stammwerk mit vier Todesopfern.
Ein global tätiges Chemie-Unternehmen mit einem großen Produkt-Portfolio muss sich einer ganzen Reihe an Compliance Herausforderungen stellen. Die Preisabsprachen in der Vergangenheit erinnern daran. Besonders brisant ist derzeit das Steuerthema, weil BASF wegen der Verlagerung von Gewinnen in Steueroasen in der Kritik steht. Risiken bergen auch eine veraltete Beschaffungspolitik und die Schwächen in der Überwachung der Lieferanten.
Verhaltenskodex
Ein thematisch umfassender Verhaltenskodex, der fast alle üblichen Themen behandelt, teils differenziert (Kartellrecht, Importe- und Exporte), teils eher knapp. Das liest sich flüssig – die wesentlichen Kernaussagen sind in dicken „Zitaten" hervor gehoben – und hat auch ein aufgelockertes Design mit Ampeln in rot oder grün zur Orientierung. Es fehlen Ausführungen zum Sponsoring und zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen.
Mit Ausnahme des Commitments des Vorstands und knappen Hinweisen auf die Hotline und Sanktionen sagt der Kodex leider nur wenig zu seiner Implementierung.
Lieferantenkodex
Die Themenbreite ist okay, sie werden aber nur in minimalistischer Weise abgehandelt, da helfen auch die unzähligen Sprachvarianten nichts. Hingewiesen wird auf den Global Compact und das Responsible Care Programm der chemischen Industrie, aber gelten auch die ILO Richtlinien? Insgesamt sind die Vorgaben nicht eindeutig genug – man soll „sich bemühen", aber die Lieferanten werden nicht eindeutig genug verpflichtet.
Wir haben im Kodex keinen Hinweis zu einem Whistleblower-System gefunden, weder per Google noch bei einer Suche auf der BASF-Website. Wer in der Lieferkette die Meldung von Verstößen so schwer macht, bietet mehr nette Worte als effektive Hilfe.
CMS Compliance-Management-System
Im Geschäftsbericht steht der kluge Satz: „Wir sind davon überzeugt, dass es letztendlich die gelebte Compliance-Kultur ist, die über den Erfolg von Compliance im Unternehmen entscheidet." Da ist es allerdings schade, dass die Compliance-Kommunikation sich auf nur zwei Seiten beschränkt. Der Chief Compliance Officer ist in den Risikomanagement-Prozess (nach COSO II ERM) zwar eingebunden, sein Input wird allerdings erst auf Vorstandsebene konsolidiert. Der Umfang dieser – gesonderten? – Risikoanalyse für Compliancerisiken wird aufgrund der wenigen Angaben aber nicht ganz klar. Auch bei BASF fehlt eine zusammenfassende Darstellung der Compliance-Risiken.
Für das Reporting gibt es 56 externe Hotlines, anonyme Meldungen sind möglich, gutgläubige Whistleblower sind vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt. Für Meldungen gibt es eine kurze Statistik. Disziplinarmaßnahmen bis zur Kündigung werden ergriffen.
Kommunikation
Eine saubere, schöne chemische Welt ist das, in die uns BASF hineinführt. Skateboards laufen am besten auf Rollen aus Polyurethan. Soso. In kurzatmiges Selbstlob wie bei vielen anderen gleitet die Homepage dennoch nicht ab. Mit Problemen setzt sich BASF aber nicht auseinander.
Biologische Kreislauffähigkeit, Nanopartikel, Weichmacher oder militärische Nutzung: Fehlanzeige. Bei Vorfällen in der Lieferkette, wie etwa dem Massaker von Marikana, meldet die BASF Suchmaschine „Null" Einträge. Ebenso zu den Gewinnverlagerungen in Steueroasen.
Fazit: Der Chemiegigant nimmt aus Compliancesicht unter den Branchenkonkurrenten im DAX eine mittlere Position ein. Und so ist auch das Investorenrisiko: mittel.
Hinweis: Die Untersuchung wurde im Juli 2017 abgeschlossen. Nachträglich veröffentlichte Dokumente wurden nicht systematisch begutachtet. Erläuterungen zur Risikokennzahl, zum Rating und zu den Auswertungskategorien finden Sie hier.