Viel zu wenig Substanzielles
Für vermögende Privatkunden gibt es derzeit viele Gründe, sich Sorgen um ihr Kapital zu machen. Da wären etwa die Inflation, die horrende Staatsverschuldung, der Aufstieg des Hightech-Autoritarismus in China, die latente Gefahr eines Euro-Crashs, losgetreten in der europäischen Peripherie (Italien), die Klimakrise ... Nimmt der vermögende Privatkunde alles zusammen, wird ihm schnell Angst und Bange.
Wie gut, dass es da noch die alten Traditionshäuser gibt. Wie ein Fels in der Brandung trotzen sie den Gezeiten und liefern ihren Kunden Sicherheit und Stabilität – zumindest ist das eines ihrer Versprechen. Von daher ist der Gang zu den Privatbankiers von Dreyfus in Basel eine vielversprechende Option für einen interessierten, aber auch besorgten Kunden. Doch er wird erleben, dass die über 200 Jahre alte Privatbank dringend eine Frischzellenkur benötigt.
Der Kunde und seine Anforderungen
- 3,5 Mio. Euro aus der Veräußerung einer Immobilie, die wiederum stammt aus einer Erbschaft
- Hat Sorgen bezüglich Konjunktur nach Corona, Staatsverschuldung, Euro-Crash, Eskalation politischer Konflikte
- Interessiert an einer diskretionären Vermögensverwaltung
- Aspekte nachhaltiger Geldanlage, insbesondere bezogen auf Klimaaspekte, sollen berücksichtigt werden
- Kapitalerhalt als unterstes Renditeziel
Stärken der Beratung
Wir müssen gestehen: Viel Gutes können wir der Beratung nicht abgewinnen. Erlebten wir vor vier Jahren im Markttest TOPS 2018 noch eine solide Beratung mit einem guten Anlagevorschlag, müssen wir in diesem Jahr feststellen, dass Dreyfus ordentlich abgespeckt hat. Der Berater ist vom „alten Schlag“ und kann zwar volkswirtschaftliche Zusammenhänge erläutern, kommt aber dafür bei anderen Themen heftig ins Straucheln (dazu später mehr). Der Anlagevorschlag setzt auf Einzelaktien solider Unternehmen mit großer Marktstellung etwa BASF, Coca-Cola, L’Oreal, McDonalds oder Unilever. Solche bilanzstarken Titel können ein Depot durchaus gegen so manchen Börsensturm wappnen. Auch, dass ein verschlüsselter Mailkontakt gewährleistet wird, gefällt dem Kunden.
Schwächen der Beratung
Damit hören die (zugegebenermaßen recht dünnen) Pluspunkte der Beratung aber auch schon auf. Zwei Punkte stören den Kunden besonders. Die Beratung zum Thema Vermögensabsicherung empfindet der Kunde als schwach. Zwar erklärt der Berater, dass Dreyfus davon ausgehe, dass sich die Konjunktur am Ende eines Aufschwungs befinde – er rate dem Kunden daher zu einem gestaffelten Einstieg in die Vermögensverwaltung, um in einer perspektivisch holprigeren Börsenzeit das Risiko etwas zu streuen. Das ist aber auch schon das einzig Substanzielle, das er zum Thema zu sagen hat. Weder in der vor dem Beratungsgespräch geschickten Präsentation, noch in der Nachbetreuung wird der Kunde weitere Informationen dazu erhalten. Die Risikotoleranz des Kunden (Wie viel Verlust ertragen Sie im schlimmsten Fall?) wurde vom Berater nicht näher eruiert – ein Versäumnis.
Zum anderen ist da noch die – gelinde gesagt – nur in Ansätzen erkennbare Kompetenz im Bereich nachhaltiger Geldanlagen. Der Berater windet sich im Beratungsgespräch um das Thema herum, meint das ganze Feld wäre ja noch nicht „ausgereift“, geht dann auf Ölfirmen ein, die sich ja derzeit stark wandeln würden, um am Ende zuzugeben, dass die Bank noch nicht nachhaltig anlege, er sich aber erkundigen werde, was auf dem Gebiet für den interessierten Kunden machbar sei. Im Anlagevorschlag werden schließlich noch die ESG-Scores vom Datenanbieter MSCI hinzugefügt – ohne weitere Erläuterungen. In puncto Nachhaltigkeit fast ein Totalausfall, der längst nicht mehr state of the art ist.
Weitere Schwächen in der Kurzübersicht
- Oberflächliche Beschäftigung mit den Kundenbedürfnissen, daher auch ein kaum zum Kunde passender Anlagevorschlag
- Keine Beratungs- bzw. Gesprächsprotokolle
- Keine Angaben im Anlagevorschlag zu Kosten, Investmentstrategien, Konjunkturausblick
- Renditeerwartung wird mit 2,9% p.a. angegeben. Keine Angaben dazu, ob vor oder nach Kosten, Steuern und Inflation. Kapitalerhalt zweifelhaft.
- Detailblick in das Portfolio beschränkt sich auf Branchen (23,3% Technologien, 22,2% Konsum, …), keine Auskunft zu Regionen oder Währungen
- Vermögensaufteilung in 51,4% Aktien, 39,9% Obligationen (Anleihen), 10% Edelmetalle, 1,7% Cash solide aber wenig „spektakulär“ im Sinne von chancenorientiert
- Starkes Übergewicht auf Titel aus den USA
- Beratungsgespräch ohne feste Struktur
- Berater fragt, wie eilig der Kunde es denn habe oder, ob er den Anlagevorschlag auch erst nach seinem Urlaub schicken könnte.
Kontakt
- Dreyfus Söhne & Cie AG, Banquiers
- Aeschenvorstadt 16
- 4002 Basel | Schweiz
- www.dreyfusbank.ch
Fazit: Die Privatbankiers von Dreyfus sind aus der Zeit gefallen. Die Beschäftigung mit dem Kunden ist oberflächlich, der Anlagevorschlag solide aber altbacken und beim Thema Nachhaltigkeit gehen die Basler gänzlich unter. Die Neukundengewinnung dürfte sich für dieses Haus als sehr schwierig erweisen.
Hinweis: Für den Beauty Contest haben sich Dreyfus Söhne & Cie. nicht qualifiziert.