Börse: Noch im Kräftegleichgewicht
Die Börsen verharren im Stillstand. Es ist zu beobachten, dass die Anleger unentschlossen sind. Die Richtungsentscheidung steht noch aus.
Die Börsen verharren nach der ersten zaghaften Korrektur im Stillstand. Der Dow Jones kommt über 21.000 Punkte nicht hinweg und prallt erneut von dieser Hürde ab. Der DAX hat sich von 12.800 Punkten entfernt, ringt in einer engen Seitwärtsrange um die Marke von 12.600 Zählern.
Die Untentschlossenheit der Anlerger ist mit Händen zu greifen. Weder trauen sich auf dem aktuellen Niveau bereits neue Investoren mit frischem Kapital in nennenswertem Ausmaß in den Markt. Aber auch die bereits investierten Anleger sehen noch keinen Anlass, nun zügig zu verkaufen. Sie leben – zu Recht – nach dem Motto: Der Trend ist dein Freund (the trend is your friend).
Auf dem Parkett wird also gerade „Anleger-Mikado“ gespielt. Niemand will sich zuerst bewegen. Dass viele Marktteilnehmer unentschlossen sind, zeigt auch die Entwicklung der Volatilität. Diese ist nach einem kurzen Anstieg in der vorigen Woche wieder auf ein sehr geringes Niveau zurückgefallen.
Die Ambivalenz der Markteinschätzung zeigt sich auch schön in den Kommentaren der Privatbanken. Einerseits verbessern sich die Konjunkturdaten (vor allem in der Eurozone). „Spanien, Kroatien und Portugal scheinen auf einem guten Weg der Besserung zu sein“, hören wir beispielsweise gerade von Ellwanger & Geiger. Auch der ifo-Geschäftsklima-Index ist auf einem Allzeithoch angelangt. Zugleich bremsen aber die neu aufgeflammte Krise in Brasilien, die Griechendebatte über deren Kredite und die ungelösten Probleme im Bankensektor (Italien) die Euphorie.
Die großen Börsen befinden sich also gerade austariert in einem Kräftegleichgewicht. Sie werden weiter in sehr enger Spanne nahe ihrer Höchststände seitwärts laufen. Das wird so lange andauern, bis es einen überraschenden Auslöser für einen großen Schub in die eine oder andere Richtung gibt.
Ein Auslöser könnte der kletternde Euro sein. Der hat sich im Vergleich zum Dollar jedenfalls wieder an das obere Ende der seit Anfang 2015 bestehenden Seitwärtsrange bei 1,15 EURUSD geschoben. Springt der Euro sogar über diese Hürde, hat er viel Luft nach oben. Fundamental und mittelfristig wäre ein erstarkender Euro sicher schlecht für die deutschen Exportwerte. Technisch und kurzfrisitig aber wahrscheinlich nicht.
Ein Euro auf Klettertour könnte eine gewaltige Geldpumpe in Gang setzen. Denn fällt der US-Dollar (was die dortigen Exportwerte stützen würde), könnten US-amerikansiche Anleger beginnen, verstärkt nach Europa umzuschichten. Sie würden dann teure US-Aktien verkaufen, preiswert den Euro und europäische Aktien kaufen und im Laufe der Zeit sowohl Kurs- als auch Wechselkursgewinne einfahren. Da US-Investoren einen großen Teil des hiesigen Marktes ausmachen, ist die Wirkung einer Umschichtung in einen relativ preiswerteren und attraktiveren Markt nicht zu unterschätzen.
Fazit: Die Richtungsentscheidung der Börsen steht noch aus. Wir glauben weiter an eine (gesunde) Korrektur in Richtung 12.000 Punkte. Die Wahrscheinlichkeit heftiger Ausschläge steigt gerade an.