Am Wohnimmobilienmarkt braut sich (wieder) was zusammen
Für Wohnimmobilien-Investoren brechen härtere Zeiten an. Die enorme Geldflut, die in den Notenbanken gedruckt und inzwischen nicht nur über das Bankwesen, sondern direkt über die Staatshaushalte in die Wirtschaft gepumpt wird, treibt das Interesse an realen Anlagegütern immer noch an. Und das forciert naturgemäß deren Preise.
Laut eurostat, dem Statistik-Amt der EU, sind die Häuserpreise in der Europäischen Union mit 5,5% im 1. Quartal (im Vergleich zum 1. Quartal 2019) so stark gestiegen wie seit dem 2. Quartal 2007 nicht mehr; das war damals wenige Quartale vor dem Zusammenbruch zahlreicher Immobilienmärkte im Zuge der Lehman-Krise.
Kleine Länder mit stärksten Anstiegen
Die stärksten Anstiege verzeichnen kleine EU-Länder mit Luxemburg (+14,0%), Slowakei (+13,1), Estland (11,5). Erst danach kommt mit Polen (+11,3) ein mittlerer Brocken. In Deutschland gingen die Preise auf Jahresbasis um 8,8% nach oben, in Frankreich um 4,9%, Italien um 1,7% und in Spanien steigen sie um 3,3%. Das aus der EU ausgetretene Großbritannien verzeichnet demnach nur noch einen Anstieg um 2,5%.
Die Zusagen für private Baufinanzierungen der Banken und Sparkassen summierten sich im ersten vollen Corona-Krisenmonat April auf 24,3 Mrd. Euro (Bundesbank). Im März kamen sogar 25,3 Mrd. Euro zusammen. Im Vergleich zum Vorjahreswert wuchs das Volumen damit um 5,2% bzw. 1,2 Mrd. Euro. Bemerkenswert: Die Bundesbank hatte zuvor einen „im historischen Vergleich kräftigen Nachfrageeinbruch“ erwartet.
Gefahr von Spekulationsblasen wächst
Damit wächst die Gefahr von Spekulationsblasen speziell am Immobilienmarkt. Denn steigende Kaufpreise rentieren sich nur über adäquat steigende Mieten bei entsprechender Auslastung. Sonst sinkt die Rentabilität des Investments. Oft steht hinter einem Kauf nur der Gedanke, Kredit „zum Nulltarif“ zu erhalten und die eigene Liquidität „nicht verfallen zu lassen“. Der Markt verlässt sich immer mehr auf eine „ewige“ Nullzinsphase. Höhere Belastungen durch steigende Zinsen werden gedanklich ausgeschlossen. Aussagen, wie die des amerikanischen Notenbankgouverneurs Jerome Powell „Wir denken noch nicht einmal daran, über eine Zinserhöhung nachzudenken", fördern diese Haltung.
Angeschlagener Arbeitsmarkt: Wer zahlt die steigenden Mieten?
Auf der anderen Seite der Medaille stehen eine angeschlagene Wirtschaft und ein angeschlagener Arbeitsmarkt. Das verträgt sich nicht dauerhaft mit steigenden Mieten. Die Folge sind staatliche Eingriffe, die Mietsteigerungen bremsen sollen. In Berlin ist es der gerade ein Jahr alt gewordene Mietendeckel, an dessen Verfassungsmäßigkeit erhebliche Zweifel bestehen. Leipzig „löst“ das Problem wie andere Städte auch mit einem weitreichenden Eingriff ins Privateigentum: Milieuschutz.
Je mehr der Staat jedoch eingreift, desto anfälliger wird die Statik der Kapital- und Finanzmärkte für Zinssteigerungen. Die Banken sammeln latent faule Kredite in ihren Büchern. Immer mehr Unternehmen und Märkte werden abhängig vom billigen Geld. Jede Zinssteigerung wirkt da wie eine Explosion. Und das Wesen der Marktwirtschaft, zu dessen Wesenskern der Zins als „Antreiber“ gehört, erodiert.
"Vorbild" Japan
Nach diesem Muster kam es in Japan 1989 zu einem der größten Immobilien-Crashs aller Zeiten, vom dem sich Japans Märkte bis heute nicht erholt haben. Der japanische Immobilienmarkt war zu einem reinen Spekulationspflaster mit Mondpreisen verkommen, für die niemand mehr die zur Rentabilität notwendigen Mieten (Gewerbe und Wohnen) aufbringen wollte und konnte. In der nachfolgenden Wirtschaftskrise brach die japanische Börse von ihrem bis heute unerreichten Top bei fast 38.000 Punkten bis auf unter 9.000 Punkte (2003) ein.
Fazit: Immobilieninvestoren sollten nicht nur den Preis für Fremdkapital und die Erwerbskosten im Blick haben, sondern auch die Zahlungskraft der Mieter sowie das zunehmend eigentumsfeindliche politische Klima. Wenn der Markt einmal „dreht“, hält der nachfolgende Abwärtstrend lange an.