Fokussierung auf Fördergelder
Teile des geförderten Kunstbetriebes stoßen an ihre Grenzen und gleiten in Beliebig- und Belanglosigkeit ab. So abgehoben die Projektideen und die Beschreibungen sind, so diffizil ist die Preisbildung.
Teile des geförderten Kunstbetriebes stoßen an ihre Grenzen und gleiten in Beliebig- und Belanglosigkeit ab. Auf dieses Destillat müssen wir die Gespräche mit zahlreichen Kunstfreunden und Sammlern aus den vergangenen Monaten verdichten.
Die Ursache dafür liegt in der Marktstärke großer Galeriekonglomerate. Befördert wird sie durch starke persönliche Netzwerke in der Szene. Von beiden Akteuren werden massiv ästhetische und inhaltliche Normensetzungen vorgenommen.
Daneben hat sich eine breite Industrie an Kuratoren, Kunsthistorikern und Projekträumen etabliert. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Mittel von Stiftungen, Kulturverwaltungen der Kommunen und Bundesbehörden einzuwerben. Das ist an sich nicht verwerflich. Es zeigt sich jedoch immer öfter, dass Kunst nur noch so präsentiert wird, dass sie förderfähig wird.
Ein Gang durch die Berliner Galerieszene belegt das. Kunst ist immer auch Spiegel der Gesellschaft. Darum ist die Ankunft von Themen wie Flucht und Vertreibung, Diskriminierung von Frauen, Farbigen und Schwulen etc. in den Werken der Künstler normal.
Bemerkenswert ist das Schielen der Akteure auf öffentliche Mittel zur Realisierung ihrer Projektideen. Die Verschlagwortung kommt dann z. B. mit folgenden Worten daher: “Die Ausstellung schlägt eine andere Lesart von Rechtstexten vor, um das Netzwerk unserer gegenseitigen Beziehungen und unsere Verbindung zu verschiedenen Gemeinschaften neu abzustecken“. So wird z. B. die Ausstellung „Dreams & Dramas“ 2017 der neuen Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin beworben.
Ein anderes Beispiel: Adrian Pipers Ausstellung im Hamburger Bahnhof Berlin heißt „The Probable Trust Registry: The Rules of the Game #1-3". Über den Zeitraum von sechseinhalb Monaten stehen drei identische, goldfarbene Tresen vor grauen Wänden. An den Pulten stehen Rezeptionisten, bei denen Besucher einen Vertrag mit sich selbst abschließen können. Darin verpflichten sie sich freiwillig dazu, fortan das eigene Handeln an ethischen Prinzipien wie Ehrlichkeit und Verbindlichkeit auszurichten. Die Einträge werden in einem Verzeichnis erfasst (das „Probable Trust Registry“), das alle Besucher nach der Ausstellung erhalten. Die Beschreibung: "Die Ausstellung ist Installation wie partizipative Gruppenperformance. Das Werk verhandelt auf dialogische Weise, wie Vertrauen gebildet wird und zielt damit auf die Grundlagen zwischenmenschlicher Beziehungen ab. In einem größeren Zusammenhang wirft es philosophische, aber auch ganz praktische Fragen zu demokratischen Prozessen und individueller Verantwortung auf.“
So abgehoben die Projektideen und die Beschreibungen sind, so diffizil ist die Preisbildung. Zwar entstehen konzeptionelle Kunstwerke nicht zum Zwecke des Verkaufs an Privatpersonen. Wegen der Objektgröße und Komplexität der Installation bleiben als Erwerber aber ohnehin nur Institutionen, Stiftungen oder spezialisierte Sammler.
Eine objektive Preisbildung ist dennoch nicht möglich. Künstler, Kunstwissenschaftler, Kuratoren und Verantwortliche der Erwerber legen einen rein fiktiven Preis fest. Dennoch liefert Konzeptkunst (Installationen, Performances, Environments, konzeptuelle Werke) spannende Unikate. Trendsetzend für diese Kunstrichtung waren Vertreter wie Marcel Duchamps, Joseph Beuys, Sol LeWitt, Wolf Vostell und Nam June Paik. Allerdings sind große Installationen keine gute Geldanlage. Bei solchen Objekten überwiegen die Risiken klar die Chancen.
Faszinierend und lohnend ist die lokale Kunstszene. Hier entstehen häufig eigenständige und inhaltlich tragende Werke. Oft sind diese nicht von der Aussicht auf exorbitante Preissteigerungen gekennzeichnet. Sie sind aber mit ihrer Verortung in einem Kulturraum und der sozialen Einbindung der Akteure identitätsstiftend. Örtliche Kunstvereine, Museumsvereine mit Jahresgaben oder Kleineditionen sind ein Hort, gute Kunst günstig zu erwerben. Der Bielefelder Kunstverein, der Jesteburger Kunstverein oder auch der Kunstverein Talstraße in Halle sind beispielhaft zu nennen. Preise für Objekte bei Kunstvereinen liegen meist in einer Spanne zwischen 100 - 2.000 Euro. Dafür bekommen Käufer ein Original und fördern zugleich ein kulturelles Anliegen. Das ist individueller und nicht teurer als der Erwerb eines beliebigen Kunstdruckes im Baumarkt.
Fazit: Der globalisierte Kunstmarkt bringt die kleinen Anbieter in Bedrängnis. Diese buhlen darum enorm um öffentliches Geld. Das verändert die Kunst an sich.