Mehr Museen schlecht für die Kunst
Die gute Kassenlage des Bundes und der Länder führt zu reger Bautätigkeit an Kultureinrichtungen und zu Neugründungen ganzer Museen. Das ist prinzipiell zu begrüßen, hat aber Tücken für den Kunstmarkt. Gezeigt hat das schon eindrucksvoll der Kunsthistoriker Walter Grasskamp. Er veröffentlichte 2016 einen kleinen bemerkenswerten Band unter dem Titel „Das Museum eine erfolgreiche Fehlkonstruktion". Grasskamps Betrachtung untersucht Fragen der Finanzierung, Tendenzen in der Ankaufspolitik bis hin zur Rolle des Ausstellungsbetriebs.
Kunstinflation
Vielerorts wird in Kunstorte investiert. Neben Weimar, Nürnberg, Mannheim, Wiesbaden und Berlin wird in zahlreichen weiteren deutschen Städten entworfen, gebaut und eingeweiht. Die Begründung für diese Aktivitäten klingt überall ähnlich: Private Stiftungen und Sammlungen wurden zur Abrundung bestehender Sammlungen eingeworben bzw. die Sammlungspolitik erfordere eine Erweiterung der Fläche. Gelegentlich wird auch die Umstellung bestehender Sammlungen auf die neue digitale Welt 4.0 ins Feld geführt. Auch die Ertüchtigung alter Museen in Fragen von Sicherheit, Klima und Besucherfreundlichkeit sei dringend geboten.
Der massenhafte Aus- und Aufbau führt aber auch zu einer Kunst-Inflation. Je mehr Ausstellungsfläche es gibt, desto mehr wird auch ausgestellt. Die Qualtität steigt dabei selten, oft wird sie nicht einmal gehalten. Das kann Kunst auf Dauer enorm verwässern.
Zudem sind einige Nebenwirkungen sehr wahrscheinlich. Die Folgekosten für den laufenden Betrieb neuer Einrichtungen (Personal-und Sachkosten) werden oft unterschätzt und sind auch noch in Jahrzehnten zu leisten. Das schmälert das Budget, das von Museen in gute Kunst investiert werden kann. Außerdem kommt es zwischen den Einrichtungen zu Kannibalisierungen oder auch zu Doppelstrukturen. Oft stagniert die personelle Aufstockung der Bereiche Kunstvermittlung, Restaurierung und Recherche im Bestand.
Sammler als Leidtragende
Die Folgen müssen Kunstliebhaber, Museumsgänger und Kunstsammler austragen. Schließlich zählen Museen und Galerien zu den wichtigen Impulsgebern für einen privaten Sammler. Zusätzlich braucht es viel Seherfahrung für den Sammler, um Qualitäten unterscheiden zu können. Es gelten aber auch die Grundsätze: „nicht alles im Museum hat Qualität" und „teuer heißt nicht automatisch auch wertvoll". Insofern wird der ambitionierte Sammler auch auf seinen gesunden Menschenverstand bauen müssen.
Private Sammler werden mit ihren Barmitteln eher bewusst und langfristig umgehen. Ein Fehlkauf ist wegen der mangelnden Marktliquidität und Preisrisiken nur schwer zu korrigieren.
Deshalb zur Beachtung vor dem Kauf:
- erwerben Sie nur Objekte, von deren künstlerischen Wert Sie selbst (ohne Zuspruch Dritter) überzeugt sind
- starke Objekte sind mehr als dekorativ und müssen auch noch in Jahren zur Auseinandersetzung anregen
- Name und Bedeutung eines Künstlers sollten nie alleiniger Kaufimpuls sein
- Prüfen Sie, welche Folgelasten der Kauf mit sich bringt (Versicherung, Lagerung, Instandhaltung, Restaurierung)
- Ordnet sich das Objekt sinnvoll in ihre bestehende Sammlung ein?
Fazit:
Der massive Ausbau von Museen wird den Kunstmarkt in den nächsten Jahren verwässern. die Museen werden einen Teil ihrer Aussgekraft verlieren. Sammler müssen beim Kauf stärker als bisher auf relevante Kriterien für einzelne Kunstwerke achten, um Fehlinvestments zu vermeiden.