Wie Putin den Wagner-Aufstand für sich nutzt
Nach Innen betont Putin vor allem, dass es "keinen Bruderkrieg" zwischen dem russischen Militär und dem PMC Wagner gegeben habe. Der hätte das Potenzial gehabt, das russische Volk zu spalten. Das wären "Bilder gewesen, die der Westen gern gesehen hätte, um den Zerfall Russlands herbeizureden", so Putin.
Putin tauscht die Militärführung aus
Außerdem haben Entmachtungen insbesondere im Verteidigungsministerium begonnen. Das berichten sowohl gewöhnlich sehr gut informierte Militär-Blogger, die wir schon lange verfolgen als auch russische Medien. So soll Valery Gerasimov Generalstabs-Chef bleiben, aber nicht mehr an den militärischen Entscheidungen in Bezug auf die "Sonderoperation" (MSO) beteiligt sein. Entmachtet wurden auch drei Entscheider, die bei der Organisation der MSO versagt haben sollen. Begründet wurde deren Entmachtung mit "Unentschlossenheit" bei der Unterdrückung der Meuterei.
Auch gegen etliche Oligarchen und hohe Beamte richtet sich die russische Führung. Etliche Personen hatten am Samstag spontan die Flucht ergriffen. Wjatscheslaw Wolodin, der Vorsitzende der Duma, vertritt die Ansicht, dass diese Personen Verräter seien und bestraft werden müssten. In jedem Fall habe Putin in der Stunde der Krise bemerkt, wer im System zu ihm stehe.
Aufstand schürte Befürchtungen vor chaotischer Atommacht
Auch nach außen hat der Putsch-Versuch seine Wirkung nicht verfehlt und wird von Moskau genutzt. Denn das Bild einer möglichen Implosion des Landes hat den Westen aufgeschreckt. Die offizielle Zerschlagung des Wagner PMC ist ein Stärke-Signal Putins, weil er kompromisslos handelt.
Es ist aber kein Beruhigungs-Signal für den Westen. Ein Wagner-Teil wird in die russische Armee integriert. Etwa 10.000 Wagner-Söldner haben sich aber in Weißrussland angesiedelt und werden von dort weiter aktiv sein. Insbesondere Polen und Kiew sind darüber in Sorge.
Washington zügelt Kiew
Bemerkenswert ist die Reaktion der USA auf den Aufstand. Einerseits gibt es Hinweise, dass die USA Kiew in der Krise angewiesen haben sollen, den Aufstand nicht für besondere Provokationen zu nutzen, so das russische Außenministerium.
Parallel dazu bremste US-Regierungssprecher John Kirby die Ukraine bei seiner Atom-Propaganda ein. Seit Tagen forciert Kiew die Sorgen vor einem russischen Angriff auf das Atomkraftwerk Saporoschje und bereitet die Bevölkerung mit TV-Spots und Übungen darauf vor, wie sie bei "atomaren Notfällen richtig reagieren" können. Ähnliche Spots laufen auch im russischen Fernsehen. Beide Seiten beschuldigen sich, eine atomare Provokation zu planen. Kirby erklärte, dass die USA "keine Anzeichen dafür sehen, dass Russland das AKW angreifen" werde. Damit unterstrich er die Position der Internationalen Atomenergiebehörde, die das ebenfalls offiziell testiert hat. Das wird von Beobachtern als Warnung an Kiew gedeutet, dass die USA eine Eskalation des Konflikt "um jeden Preis" vermeiden wollen.