Zwei Szenarien nach der Taiwan-Wahl
Bei den Wahlen in Taiwan wird sich am Wochenende zeigen, ob China mit seiner Einschüchterungsstrategie erfolgreich war. Das Reich der Mitte versucht seit Monaten mit diversen Maßnahmen, Einfluss auf die Parlaments- und Präsidentenwahl zu nehmen.
Ein Ausgang der Wahlen, die einen scharfen Kontrast zum autoritären Einparteiensystem in China bilden, ist schwer vorauszusagen. Lai Ching-te von der regierenden Democratic Progressive Party (DPP) hat einen leichten Vorsprung vor dem ehemaligen Polizeichef Hou Yu-ih von der oppositionellen Kuomintang (KMT). Die tritt offener für Kompromisse mit China ein.
Knappes Rennen, zwei Szenarien
Nach der Wahl gibt es zwar zwei Szenarien, die aber beide auf dieselben Folgen hinauslaufen. In beiden Fällen ist es wahrscheinlich, dass die latenten Spannungen zwischen den USA und China zunehmen werden.
- Gewinnt die regierende DPP unter Lai Ching-te, wird der Unabhängigkeits-Streit fortgeführt. Lai Ching-te, Spitzenkandidat der DDP, hat bereits deutlich gemacht, dass er der China-Politik der Amtsinhaberin Tsai Ing-wen folgen will, Peking aber keinen Vorwand für einen Angriff geben wird.
- Gewinnt die oppositionelle KMT, wäre es „China gelungen mit seiner Einschüchterungstaktik die Wahlen zu beeinflussen“, so die Einschätzung unserer Korrespondentin. Das dürfte Peking als Erfolg feiern. Die chinesische Führung unter Präsident Xi Jinping wird sich dann in der Annahme bestärkt fühlen, dass sie doch eine Chance hat, Taiwan kampflos zur Vereinigung zu bewegen.
„Eine militärische Eskalation nach der Wahl ist unwahrscheinlich“ hören wir. Die von China ausgeweiteten Manöver bleiben aber ernst zu nehmendes Säbelrasseln. Das Reich der Mitte dürfte auch versuchen, Taiwan mit militärischer Einschüchterung, politischer Unterwanderung, wirtschaftlichen Verlockungen und dem Versuch der internationalen Isolation an sich zu binden.