In den nächsten Jahren müssen deutsche Unternehmen wieder stärker auf eine höhere Produktivität achten. Zu diesem Schluss kommen wir aufgrund einer Analyse der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die hat sich mit den Gründen für das schwache Produktivitätswachstum in Deutschland beschäftigt.
Ergebnis: Die Flexibilisierung des deutschen Arbeitsmarktes (Stichwort Hartz IV) hat die Produktivitätsentwicklung deutlich gebremst. Denn bei stagnierenden Löhnen haben Unternehmen wesentlich weniger Anreize, durch technologische Investitionen (z. B. in Maschinen, IT-System) ihre Produktivität zu steigern. Genau das ist in Deutschland in den letzten zehn Jahren passiert. Durch Lohnzurückhaltung und Arbeitsmarkt-Flexibilisierung ist der Faktor Arbeit relativ so preiswert geworden, dass sich Investitionen zur technischen Produktivitätssteigerung weniger lohnten. Die Alternative, nötige Arbeit durch mehr Angestellte erledigen zu lassen, war oft schlicht lohnenswerter.
Außerdem gibt es noch einige „weiche“ Faktoren, die die Produktivitätsentwicklung beeinflussen. So habe die Sorge um den Arbeitsplatz aufgrund von Hartz IV stark zugenommen. Das habe zu einer stärkeren „Angstkultur“ bei Angestellten geführt. Folge: Beschäftigte vermeiden systematisch Risiken durch Eigeninitiative. Mitarbeiter vermeiden es beispielsweise häufiger, Vorgesetzte über unnötige Arbeitsschritte und Leerlauf zu informieren – aus Angst, den eigenen Arbeitsplatz überflüssig zu machen. Führungskräfte erhalten weniger Widerspruch, werden autokratischer und verpassen wichtige Innovationsimpulse aus der eigenen Belegschaft. Das hemmt Innovationen.
Damit ist die deutsche Wirtschaft in einer Situation wie auch andere Länder mit sehr flexiblen Arbeitsmärkten. Für die Auswirkungen von Lohnentwicklungen auf die Produktivität hat sich folgende Faustformel herauskristallisiert: Ein Prozent weniger Lohnwachstum senkt das Produktivitätswachstum um 0,3 bis 0,5%. Das hat eine Studie der Ökonomen Robert Vergeer und Alfred Kleinknecht aus dem Jahr 2014 ergeben. Grundlage dafür waren statistische Analysen von 20 OECD-Ländern zwischen 1960 und 2004.
Fazit: Deutsche Unternehmen haben in der letzten Dekade stark von der Verfügbarkeit relativ preiswerter Arbeitskräfte profitiert und ihre Produktivität vernachlässigt. Der Faktor Arbeit wird in den nächsten Jahren aufgrund der jetzt schon deutlichen Lohnzuwächse und des absehbaren Fachkräftemangels vielfach teurer werden. Unternehmer werden den Fokus strategisch wieder auf eine größere Produktivitätssteigerungen legen.