Keine Ausschüttungen, keine Steuern
Eine inkongruente Gewinnausschüttung ohne Satzungsgrundlage ist gültig und damit steuerrechtlich bindend. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden. Bei einer inkongruenten Ausschüttung erhält ein Gesellschafter Ausschüttungen (Dividenden) von einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH), die nicht seinen Anteilen entsprechen. Stattdessen haben die Gesellschafter einen anderen Verteilungsschlüssel vereinbart (§ 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG). Dadurch können sich vorteilhafte steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ergeben.
Wirksamkeit auch ohne Satzungsgrundlage?
In seiner ständigen Rechtsprechung ging der BFH davon aus, dass inkongruente Gewinnausschüttungen steuerlich wirksam sind, solange sie ordnungsgemäß zustande kommen. Nun wurde ihm die Frage vorgelegt, ob das auch der Fall sei, wenn dies auch ohne Satzungsgrundlage geschieht. Die Richter entschieden, dass dieser sogenannte punktuell satzungsdurchbrechende Beschluss ebenfalls zivilrechtlich wirksam ist und auch der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Einem Gesellschafter, an den nach einem solchen Beschluss kein Gewinn verteilt wird, können nicht Kapitaleinkünfte zugerechnet werden. Die Finanzverwaltung sah das zuvor anders.
Im verhandelten Fall verzichtete ein Kläger freiwillig auf die ihm entsprechend seiner Beteiligung zustehende Gewinnausschüttung (50% Beteiligung an einer GmbH). Das war zivilrechtlich und auch steuerlich in Ordnung, so das Ergebnis der Steuerrichter. Sie sahen darin auch keinen Gestaltungsmissbrauch. Das Finanzamt durfte darum nicht 50% der Vorabgewinnausschüttung als Kapitaleinkünfte des Klägers besteuern.
Fazit: Auch ohne Satzungsgrundlage können inkongruente Gewinnausschüttungen wirksam sein.
Urteil: BFH VIII R 20/20