Strafe muss sein
Justiz- und Wirtschaftsministerium wollen eine Rechtslücke schließen, die das Umgehen von Kartellbußen ermöglicht.
Bislang können Unternehmen Bußgeldern wegen verbotener Preisabsprachen ausweichen, wenn sie das Unternehmen umstrukturieren. Existiert etwa die belangte Gesellschaft nicht mehr, greift die Strafe nicht. Das Kartellamt forderte bereits nach einer umstrittenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) 2011 die Bundesregierung zum Handeln auf. Der BGH hatte die Einziehung von Bußgeldern erschwert. Nach Unternehmensfusionen ist seither ein Bußgeld nur dann durchsetzbar, wenn das Vermögen der ursprünglich haftenden Gesellschaft einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens des neuen Unternehmens ausmacht. Seitdem entwickelten Berater Gestaltungsmöglichkeiten zur Verlagerung von Unternehmenswerten, etwa indem Marken auf die Konzernmutter übertragen oder Unternehmen verschmolzen werden. Melitta steht momentan zur Klärung einer solchen Verschmelzung vor Gericht. Laut Kartellamt entzogen sich auch die Kosmetikhersteller Chanel, L`Oréal, YSL Beauté und Coty Prestige Lancaster durch interne Umstrukturierungen der Haftung. Gegen die Zur-Mühlen-Gruppe von Clemens Tönnies verhängte das Kartellamt eine Geldbuße wegen verbotener Preisabsprachen mit Tochterunternehmen. Da diese aber mittlerweile aus dem Handelsregister gelöscht sind, droht die 120-Mio.-Euro-Buße ins Leere zu laufen. Die Bundesregierung will nun bei der Rechtsnachfolge eingreifen, um Bußgelder besser durchsetzbar zu machen. Einen konkreten Zeitplan gibt es aber nicht. Eine Regelung könnte im Rahmen der Umsetzung einer EU-Schadensersatz-Richtlinie für Opfer von Kartellen erfolgen, die bis Ende 2016 erfolgt sein muss.
Fazit: Das Zeitfenster für Umgehungen von Kartellsanktionen schließt sich. Die Bundesregierung wird dafür sorgen, dass Bußgelder auch eingetrieben werden können.