Das umständliche Umsatzsteuerverfahren in der EU soll vereinfacht werden. Dafür soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission das so genannte Reserve-Charge-Verfahren geändert werden. Bisher gilt: Ein Unternehmen erstellt bei einer Lieferung an einen Betrieb in einem anderen EU-Land eine Rechnung ohne Umsatzsteuer. Der Abnehmer muss die Einfuhrumsatzsteuer seinem Finanzamt melden. Bei Lieferungen an Verbraucher muss das Unternehmen die geltende lokale Umsatzsteuer abführen. Bei Verkäufen im Ausland sind deshalb die Kosten insgesamt höher als im Inland.
Die geplante Änderung: Das liefernde Unternehmen reicht eine Steuererklärung in seinem Land für alle grenzüberschreitenden Lieferungen ein. Sein heimisches Finanzamt zieht dann die Umsatzsteuer für alle Lieferung ein und führt sie entsprechend an das jeweilige Zielland ab.
Beispiel: Ein deutsches Unternehmen liefert an einen Kunden in Österreich. Es vereinnahmt die österreichische Umsatzsteuer über die Rechnung – also wie bei Geschäften im Inland. Dieses Geld geht an das deutsche Finanzamt, das es dann an den österreichischen Fiskus überweist. Dies soll für Unternehmen wie Verbraucher gelten. Vorteil ist, dass es nur noch eine Erklärung gibt, und zwar zuhause im eigenen Land. Der Nachteil ist, dass Sie künftig exakt wissen müssen, welcher Mehrwertsteuersatz für welche Produkte in welchem Land gibt.
Deshalb gibt es einen Vorstoß deutscher Mittelstandsverbände bei Donato Raponi. Er ist der Bereichsleiter der Generaldirektion „Steuern und Zölle“. Er fordert, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze für bestimmte Produkte und Bereiche europaweit harmonisiert werden. Der bisherige Katalog für die ermäßigten Bereiche gilt als veraltet. Hier gibt es vor allem bei Produkten mit verschiedenen Komponenten aus verschiedenen Mitgliedsländern mit jeweils unterschiedlichen Steuersätzen Handlungsbedarf.
Der Zeitplan: Im nächsten Jahr soll das neue Umsatzsteuerverfahren stehen. Ob bis dahin auch die Harmonisierung des Steuerkatalogs ermäßigter Waren gelingt, bezweifeln wir. Die praktische Umsetzung wird erst ab 2020 erwartet. Schließlich muss auch die gesamte EDV harmonisiert werden. Das geschieht in der Praxis nebenbei, im Zuge der Vorbereitung des automatisierten Datenaustauschs.
Fazit: Ein Knackpunkt für Unternehmen bleibt die unterschiedliche Besteuerungspraxis in den einzelnen EU-Ländern. Politischer Ärger ist programmiert, wenn der Fiskus einzelner Länder extrem langsam arbeitet und Steuern weiter überweist.