Die US-amerikanischen Sozialen Medien greifen immer stärker ins Verlagsgeschäft ein. Sie übernehmen stetig die Kontrolle darüber, welche Informationen wahrgenommen werden und welche nicht. Vorreiter ist Facebook. Das Unternehmen zählt gegenwärtig 1,5 Milliarden Nutzer.
In Deutschland haben sich „Spiegel Online“ und „Bild“ in die Fänge des Kraken begeben. Sie veröffentlichen auf Facebooks Instant Articles Beiträge, die nicht mehr zur Originaladresse verweisen. Vorteil für Facebook: Kostenlose Artikel, und die Nutzer verlassen das Netzwerk nicht. Die Verlage hoffen auf junge Leser, die immer stärker soziale Netzwerke und die Findemaschine Google zur Informationsbeschaffung nutzen.
Bei aussterbender Printleserschaft machen sich die Verlage aber von Facebook abhängig. Das Netzwerk kann sie auslisten, wenn ihm Inhalte nicht gefallen. Und es steuert die Inhalte auch: Artikel, die viele „Likes“ bekommen, werden nachgefragt. Am besten sind Aufreger, denn sie erhöhen den Traffik (Nutzungsfrequenz) des Netzwerks und damit die Werbeeinnahmen.
Welche Artikel es in den Newsfeed schaffen, ist das Geheimnis von Facebook. Bei sexuellen Inhalten agiert es wie ein Sittenwächter. Bei Diktaturen biedert es sich an. In der Türkei und China blockierte es kritische Inhalte. Als Deutschland bei der Fußball-WM 2014 gegen Brasilen 7:1 gewann, dominierte in den Sozialen Netzwerken das Wort „Schande“. Google entschied sich, das Wort nicht zum „Trend des Tages“ zu machen und verstärkte stattdessen positive Inhalte. Werbekunden mögen keine negativen Berichte.
Facebook und Twitter eigenen sich sehr gut, um Trends zu verstärken. Sie können aber auch Meinungen unterdrücken (Schweigespirale). Der Harvard-Forscher Jonathan Zittrain nennt die Macht von Facebook, Wahlen zu manipulieren, „digital gerrymandering“. Facebook könne, wie schon in einem Experiment 2010, schlicht an die Anhänger einer Partei die Aufforderung „I vote“ schicken – schon steigt deren Wahlbeteiligung.
Auch Google hat sich in den deutschen Journalismus eingekauft. 150 Mio. Euro gibt der Suchmaschinenkonzern für die „Digital News Initiative“ aus. Mit dabei: Süddeutsche, Zeit, FAZ und Spiegel sowie europäische Medienhäuser. Das Geld wird helfen, das mediale Umfeld zu beeinflussen, wenn die EU-Kommission über die Aufspaltung des Internetkonzerns entscheidet. Die Verlage erhoffen sich, mit ihren Produkten besser auf den Google-Trefferlisten zu erscheinen.
Fazit: Die Meinungsmacht von Facebook und Co. wächst, offen und noch mehr im Verborgenen. Die deutschen Verlage gehen den Weg der Kooperation. Vielleicht ist es aber auch die Kapitulation. Der Leser sollte zumindest wissen, worauf er sich einlässt.