Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
5503
Stress-Szenario mit falschen Zins-Annahmen errechnet

Deutsches Finanzsystem fragiler als angenommen

BaFin-Liegenschaft in Frankfurt am Main. © Kai Hartmann Photography / BaFin
Nach den Turbulenzen bei US-Banken und der Credit Suisse wächst die Sorge vor einer Bankkrise in Deutschland. Hier sei allerdings alles "stabil und robust", meint die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dabei kann nicht einmal der eigene Stresstest diese Aussage untermauern.

Die deutsche Bankenaufsicht kann die Stabilität des Bankensystems gerade nicht gut beurteilen. Denn eines der wichtigsten Kontroll- und Warninstrumente basiert auf derzeit völlig falschen Marktannahmen. In ihrem Bankenstresstest hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu sehr auf einen Konjunktureinbruch fokussiert und den Zinsanstieg völlig unterschätzt. 

Dem jüngsten Stresstest bei deutschen Banken und Sparkassen aus dem Jahr 2022 liegen viel zu geringe Annahmen zur Zinsentwicklung zugrunde. Die BaFin hat für ihre jüngsten Banken-Stresstest (September 2022) diverse Szenarien berechnet. Im extremsten Szenario ging sie von einem Zinsanstieg um 200 Basispunkte ab dem 01.01.2022 aus. Das bestätigt ein Sprecher der BaFin auf Anfrage von FUCHSBRIEFE. 

Extremstes Szenario längst überholt

Das extremste angenommene Stress-Szenario der BaFin war somit schon kurze Zeit später Realität. Die erste Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) erfolgte am 21.07.22. Nach zwei weiteren Zinsschritten lag der Leitzins am 27.10. schon auf dem Niveau von 2%. Schon in diesem Moment war das extremste von der BaFin simulierte Stress-Szenario erreicht. 

Der Stress im Bankensystem ist seit November über die extremsten Annahmen der BaFin hinaus gewachsen. Inzwischen liegt der Leitzins bei 3,5% fast doppelt so hoch wie im extremsten Fall angenommen. Die BaFin betont gegenüber FUCHS, dass sie die "aktuellen Entwicklungen im Blick" behalte. Außerdem erweise sich das deutsche Bankensystem weiterhin als stabil und robust. Außerdem erwarte die BaFin, dass "die Banken die Zinsänderungsrisiken im Blick haben und rechtzeitig gegensteuern."

Bundesbank-Interpretation weckt Zweifel an Stabilität

Es gibt zwar Indizien dafür, dass die Banken besser aufgestellt sind als am Vorabend der Lehmann-Krise. So ist die Eigenkapitalausstattung besser, der Anteil der Schrott-Kredite geringer. Aber das bleiben Indizien, zumal sich die Banken seither mit "sicheren Staatsanleihen" vollgepumpt haben, die gerade im Zinsanstieg an Wert verlieren. Darum zeigen die BaFin-Berechnungen aus dem jüngsten Stresstest nicht gut, ob der derzeitige Zins-Stress für die Geldhäuser wirklich gut zu ertragen ist. 

An der Zuversicht der BaFin sind Zweifel angebracht. So schrieb die Bundesbank nach der Veröffentlichung des Bankenstresstest am 28.09.2022: "Eine Zinswende wurde von einem Großteil der Institute noch nicht eingeplant." Das ist aus heutiger Sicht kaum verständlich, denn die EZB hatte ihre Zinswende längst vollzogen. Darum ist auch die damalige Einschätzung der Bundesbank, dass "Krisensituationen nach aktuellem Stand" für die Banken beherrschbar sind, heute eher fraglich. Weiter hieß es damals: "Eine kurzfristige Belastung durch die steigenden Zinsen ist für den Bankensektor allgemein verkraftbar." Auch dieses Szenario hat sich inzwischen fundamental geändert. 

Stresstest für Banken hat systemische Schwächen

Die Entwicklung entlarvt einmal mehr systemische Schwächen der Stresstests. Erstens sind sie nach wie vor nur auf einzelne Banken abgestellt. Die Beurteilung der Entwicklung systemischer Risiken, die zu Risiko-Kaskaden führen, wird nach wie vor nicht in den Blick genommen. Ebenso ist weiter fragwürdig, dass die EZB im Europäischen Rahmen einerseits für die Inflationsbekämpfung, parallel aber auch als Bankenaufsicht tätig ist. Diese Doppelrolle beinhaltet einen in Krisenphasen (insbesondere bei steigender Inflation) nicht gut auflösbaren Zielkonflikt.  

Fazit: Politik und Bankenaufsicht betonten, dass das Bankensystem sicher und stabil sei. Der Stresstest kann genau das aber nicht untermauern, die Fragilität dürfte deutlich höher sein. Denn die im Stresstest getroffenen Zins-Annahmen sind von der Realität längst und meilenweit überholt.
Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Logistik und Nachhaltigkeit

Elektro-LKW bei Österreichischer Post

Die Österreichische Post hat erstmals zwei Elektro-Lkw im Einsatz. Transportiert werden internationale Sendungen. Damit lassen sich rund 117 Tonnen direkte CO2-Emissionen pro Jahr einsparen.
  • Fuchs plus
  • Tauglich für 100% Wasserstoff

Wasserstoffkraftwerk aus Finnland

Ein finnisches Unternehmen bietet das erste Kraftwerk, das komplett mit Wasserstoff, ohne Beimischung von Erdgas, betrieben werden kann.
  • Fuchs plus
  • Chilenischer Peso mit Rückenwind

Positive Realzinsen beim Chilenischen Peso

Das knapp 20 Millionen Einwohner zählende Chile ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das fünftgrößte Land Lateinamerikas und weist das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf. Der Rohstoffreichtum beschert einen Handelsbilanzüberschuss und steigende Löhne. Der Boom um Kupfer, Lithium und die wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Früchten und Getreide dürfte anhalten und auch der Währung Peso Rückenwind verleihen.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Ernteerträge von Weizen und Mais fallen höher aus als erwartet

Erheblicher Rückgang der Getreidelagerbestände erwartet

Es wird erwartet, dass die globalen Lagerbestände der Getreide Ende der aktuellen Saison stark fallen wird — und das trotz rekordhoher Ernteerwartung. Grund dafür ist der erwartete Verbrauch, der ebenfalls eine Rekordhöhe erreichen soll.
  • Fuchs plus
  • (Noch) schwächere Wirtschaftsdaten im Juni

Chinesischer Yuan derzeit ohne festen Boden

Der Yuan bewegt sich in einer relativ engen Bandbreite zum Euro und zum Dollar. Auch schwächere Wachstumszahlen für das zweite Quartal ändern daran nichts. Würden im Vergleich zu China beispielsweise in England die Immobilienpreise um 25 bis 50% fallen und sich der Footsie halbieren, wären die Auswirkungen ungleich schwerwiegender. Der Konsument würde wohl jegliches Vertrauen verlieren. In China schwächt sich "nur" die Konjunktur ab. Die PBOC hat Raum zum Handeln. Den nutzt sie entschlossen.
  • Fuchs plus
  • Chilenischer Peso mit Rückenwind

Positive Realzinsen beim Chilenischen Peso

Das knapp 20 Millionen Einwohner zählende Chile ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das fünftgrößte Land Lateinamerikas und weist das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf. Der Rohstoffreichtum beschert einen Handelsbilanzüberschuss und steigende Löhne. Der Boom um Kupfer, Lithium und die wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Früchten und Getreide dürfte anhalten und auch der Währung Peso Rückenwind verleihen.
Zum Seitenanfang