Absichern und abwarten
Die Märkte stecken derzeit voller Risiken. Deshalb ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.
Aller guten Dinge sind drei, doch an den Aktienbörsen könnte das ganz anders sein. Drei Mal hat sich der US-Index Dow Jones nun schon bemüht, über die Hürde von 18.000 Zählern zu springen. Drei Mal ist er gescheitert. Damit wird der Deckel an dieser Marke immer dicker und drückt immer schwerer auf die Kursentwicklung des US-Index. Auch der DAX tut sich mit dem weiteren Weg nach oben schwer. Er kämpft um die Marke von 10.000 Punkten. Aber der entscheidende Widerstand liegt zunächst weiter bei 10.100 bis 10.200 Zählern. In dieser Region drückt die 200-Tagelinie, die einen langfristigen Trend anzeigt, von oben auf den Index. Unsere Kernfrage im aktuellen Umfeld heißt: Woher sollen Impulse für weiter steigende Kurse kommen? Wir finden auf diese Fragen eigentlich nur eine Antwort: Es ist das billige Geld. Das ist aber auch der einzige Impuls, der die Börse weiter nach oben treiben kann. In Gesprächen mit Vermögensverwaltern hören wir eine ähnliche Einschätzung. Demnach sprechen nur die niedrigen Zinsen und die Alternativlosigkeit von Aktien für Investments. Viele andere wesentliche Börsenmotoren stottern. Das Brexit-Szenario wird bei Unternehmen und Anlegern immer präsenter. Zwar ist der Ausgang des Referendums am 23. Juni offen. Aber genau diese Unsicherheit lässt etliche Firmen an Notfallplänen arbeiten und Aktivitäten verschieben. So hören wir z. B. von einigen Brokern aus Großbritannien, dass sie ihre Expansionspläne nach Deutschland zunächst auf Eis gelegt haben. Wir sind ohnehin der Meinung, dass das Briten-Referendum zu einer Enttäuschung an der Börse führen wird. Wird gegen einen Brexit votiert, ändert sich zunächst gar nichts. Dann wären lediglich die Erwartungen an der Börse erfüllt. Das reicht aber nicht, um einen neuen Aufwärtstrend anzuschieben. Kommt es aber zum Votum für den Brexit, dürfte das eine böse Überraschung sein, die neue Unsicherheit für die nächsten Jahren zementiert. Das würde die Börse kräftig drücken. Schließlich blicken wir auf den Vorwahlkampf in den USA. Auch von dort geht mit dem unkalkulierbaren Kandidaten Donald Trump erhöhte Unsicherheit aus. Hinzu kommt, dass sich die US-Börse in Wahljahren, in denen der noch amtierende Präsident definitiv nicht mehr antritt, oft unter hohen Schwankungen nur seitwärts bewegt hat. Das zeigen diverse Untersuchungen, die solche Muster analysiert haben. In Kombination mit den durchwachsenen US-Konjunkturdaten und der wackeligen Zinsperspektive ist das nicht gerade ein Cocktail, der Hochprozentiges verspricht. Blicken wir Richtung Juli/August in die Zukunft, ist der dünne Sommerhandel schon absehbar. Die Umsätze sind jetzt schon schwach, und sie dürften noch dünner werden. Auch das spricht nicht für neue Impulse, die einen Aufwärtstrend anschieben können.
Fazit: Wir sehen kein fundamental neues großes Bild. Die Börsen arbeiten an der Top-Bildung. Wir sehen wenige Auslöser für steigende, aber viele Risiken für fallende Kurse. Also: Absichern und abwarten.