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Es geht um politische Opportunitäten, nicht die DNA der CDU

Schattenboxen um die Schuldenbremse

Der engste Kreis um Angela Merkel stellt die Schuldenbremse infrage. Copyright: Picture Alliance
Welch ein Aufschrei! Der Kanzleramtsminister redet davon, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder abzuschaffen. Das war ebenso ehrlich wie unnötig. Denn sie ist längst dauerhaft gelockert und wird auf lange Zeit auch nicht mehr angezogen.

Dass die Schuldenbremse nun auch aus dem engsten Kreis von Bundeskanzlerin Angela Merkel infrage gestellt wird, wird FUCHSBRIEFE-Leser nicht überraschen. Was Kanzleramtsminister Helge Braun gerade in einem Interview angerissen hat, haben wir bereits am 7. Dezember letzten Jahres in diesen Briefen skizziert.

Erst gelöst, dann vergessen, dann abgeschafft. Das ist der Weg der Staatsschuldenbremse. Es geht dabei weniger um die DNA der CDU als um Opportunitäten. Merkel wusste Gelegenheiten immer zu ergreifen, wenn der Wind aus der entsprechenden Richtung blies. Und auch bei Kohl ist die Bild-Schlagzeile „Der Umfaller“ – damals ging es um die Erhöhung der Mehrwertsteuer – nach der Wiedervereinigung 1991 legendär. Das Konrad Adenauer zugeschriebene Zitat „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“, ist die eigentliche DNA der CDU und jedes „modernen“ Politikers.

Die "größere Hälfte" der CDU wird dafür sein

Helge Braun – Angelas Mund – hat ausgesprochen, was zumindest die "größere Hälfte" der CDU denkt. Das Meinungsbild sieht in dieser Frage ähnlich aus, wie bei der Wahl des Parteivorsitzes. Der kleinere Teil – die Merz-Anhänger – ist strikt dagegen. Dem Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus nehmen wir die Empörung ab. Den Vertretern des Wirtschaftsflügels auch. Aber dann wird die Luft schon dünn.

Der andere Teil der CDU – die Laschet-Wähler – und weite Teil der CSU einschließlich ihres Chefs Markus Söder, macht es von den Umständen abhängig. Armin Laschet ist geschmeidig genug, um sich den Umständen anzupassen.

Auch in einer Koalition mit der FDP nicht unmöglich

Die Umstände, das ist zunächst die Bundestagswahl. Vorher wird die Empörungswelle anschwellen. Danach gilt die Arithmetik der Koalitionsverhandlungen. Die Grünen werden sich die Aufgabe der Schuldenbremse als Brautgabe einfordern.

Mit der FDP würde eine Einigung deutlich schwerer, aber nicht unmöglich. Sie will wieder an die Fleischtöpfe. Und wird bereit sein, dafür einen hohen Preis zu zahlen. Der Weg: Erst mal Kassensturz machen, dann erschrecken, dann die Schuldenbremse aussetzen, aber zunächst nicht abschaffen. Und dann geht es weiter wie beim Soli: Was als Übergangszustand gedacht war, wird zum Dauerzustand. Thema durch. Die SPD will ohnehin mitmachen und am liebsten das Grundgesetz erneut ändern.

Kampf um die Schuldenbremse längst ein Schauboxen

Überhaupt ist diese Grundsatzfrage längst zum Schauboxen geworden. Denn die Schuldenbremse ist längst gefallen. Merkel macht(e) es möglich. Die Schulden, die Brüssel im Namen der EU-Staaten aufnehmen darf, werden bislang außerhalb von deren Gesamtschuldenbudgets geführt. Die Bundesbank hatte dies zuletzt im Monatsbericht Dezember mit deutlichen Worten kritisiert: „Die bestehenden nationalen Kennzahlen (etwa das Maastricht-Defizit oder der Maastricht-Schuldenstand) bilden die europäischen Schulden und Defizite nicht ab und greifen daher künftig potenziell zu kurz. Dies birgt unter anderem die Gefahr, dass die hieraus erwachsenden Lasten aus den Blick geraten“, heißt es in dem Bericht.

Laut Eurostat, dem Statistischen Amt der EU, wurde die statistische Erfassung der Mittel, die von der Kommission im Rahmen der Recovery and Resilience Facility (RRF) aufgebracht und über Zuschüsse an die Mitgliedstaaten verteilt werden, in den entsprechenden Foren zur Diskussion gestellt. Eine überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten habe zugestimmt, dass die von der EU zur Finanzierung der RRF-Zuschüsse aufgenommenen Schulden nicht als Schulden der Mitgliedstaaten erfasst werden. Es wird in den Konten der EU-Institutionen erfasst.

Fazit: Es wird gut sein, sich in Wirtschaft und Unternehmen auf diese Perspektive einzustellen: Die Bremse ist weg. Das Positive: Sie erspart den Firmen hier zunächst größere Steuererhöhungen. Diese Rechnung kommt erst später.

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