Zweitrunden-Effekte gewinnen an Breite
Die Zweitrunden-Effekte wirken immer kräftiger und verstetigen die Inflation. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird in den nächsten Monaten kaum noch Hebel haben, die Inflation mit eigenen Maßnahmen zu senken. Ein weiterer Rückgang der Inflation von drei auf zwei Prozent steht darum in den Sternen. Die Zinserhöhungen der EZB haben zwar zunächst gewirkt, die Zentralbank hat aber keine griffigen Werkzeuge mehr. Der erhöhte Leitzins hat die Bau- und Konsumnachfrage gedämpft und so die Inflation in gebremst. Im Oktober lag sie noch bei 3,8%.
Basis-Effekt schiebt Inflation nach unten
Der starke Rückgang der Inflation beruht aber zu einem großen Teil auch Basiseffekten. Die Inflationsraten wurden insbesondere von den Energie- und Rohstoffpreisen in die Höhe getrieben. Diese Preisspitzen liegen inzwischen aber mehr als ein Jahr zurück. Sie fallen somit aus der aktuellen Inflationsberechnung heraus. Weil inzwischen die Energiepreise deutlich unter den Vorjahreswerten liegen, wirkt dieser Mechanismus sogar inflationssenkend (Basiseffekt).
Hohe Inflation im Dienstleistungssektor
Die Zweitrundeneffekte gewinnen dagegen an Breite. Insbesondere im Dienstleistungsbereich bleibt die Inflation hoch. Das wird stark durch die Lohnsteigerungen bestimmt. Ähnlich sieht es im Einzelhandel aus. Der Fachkräftemangel macht weitere Lohnsteigerungen wahrscheinlich.
Hinzu kommt, dass die Politik den Lohndruck auf diversen Wegen erhöht. Das um 12% angehobene Bürgergeld wird mittelfristig nicht spurlos im Lohngefüge bleiben. Die Anhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie (bis hin zur Schulspeisung) vom ermäßigten auf den normalen Steuersatz wird ebenfalls in der Breite preistreibend wirken. Auch die im Winter wieder anziehenden Energiepreise wirken eher wieder inflationstreibend.
Unternehmen planen mit höheren Preisen
Dass die Inflation weiter rückläufig sein wird, wird auch von den Unternehmen konterkariert. Die Zahl der Firmen, die ihre Preise anheben wollen, ist im vorigen Monat wieder gestiegen. Das zeigt die Umfrage des ifo Instituts zu den Preisplänen der Unternehmen an. Die Preiserwartung in der Gesamtwirtschaft ist von 48,1 auf 53,5 Punkte gestiegen.
Die Preiserhöhungspläne ziehen sich durch zahlreiche Branchen. Besonders ausgeprägt wird sich das in den Drogerien (92%) zeigen, aber auch in der Papier-Industrie. Hier planen fast 84% aller Unternehmen Preisanhebungen. In der Industrie liegen die Bekleidungshersteller ganz weit vorn (83,5%), die Hersteller von Glas, Keramik und Steinen (77,3%) und die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen (75,5%) sowie die Hersteller von Druckerzeugnissen (70,3%). Sehr hoch sind die Zahlen auch in der Gastronomie (87,4%), in der Betreuung von Gebäuden (78%) und bei Hotels (62,4%).