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Hier wird gepampert, dort wird ausgegrenzt

Wie die Politik die Medien untertan zu machen versucht

Ralf Vielhaber, Porträt. © Verlag FUCHSBRIEFE
Der Journalismus hat schon bessere Zeiten erlebt. Zeiten, in denen er seine Wächterfunktion täglich lebte. Mit akribischen recherchierten Enthüllungen, manchmal auch mit Entgleisungen, die einem übertriebenen Jagdinstinkt entsprangen. Doch diese Zeiten sind von gestern. Die Politik nimmt die Medien immer stärker an die Kandare. Inklusion gibt es im Kindergarten. Im öffentlichen Raum greift Ausgrenzung um sich, schreibt FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. Und er hat allen Anlass dazu.

Wussten Sie, verehrte Leser, was die CDU von Ihnen hält? Sie sind „ein sehr spezielles Klientel“. So abschätzig denkt der frühere Gesundheitsminister und Mitglied des CDU Präsidiums Jens Spahn über Unternehmer. Das erfuhr unser Redakteur, der sich zum Hintergrundgespräch mit dem Ex-Minister angemeldet hatte, und kurzfristig mit ebendieser Begründung ausgeladen wurde. Spahn wollte keineswegs über die Situation in der Intensivpflege räsonieren – da hätten wir uns vielleicht intellektuell gefordert gefühlt –, sondern er gab der Presse einen Überblick über die Eckpfeiler der Wirtschaftspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und einen Ausblick aufs 2. Halbjahr. Zumindest dem Teil der Presse, den Spahn für würdig hält, den Ausführungen des ambitionierten Multifunktionspolitikers zu lauschen und der es dann für sein Publikum einordnen darf.

Ist das nun Ignoranz, Arroganz oder schlichtweg Dummheit, was das Büro des Ex-Bewerbers um den CDU-Parteivorsitz in dessen Auftrag da von sich gab? Unser Chefredakteur Stefan Ziermann wollte es genau wissen und fragte an Ort und Stelle schriftlich nach. Er bekam keine Antwort. Ich würde das nicht erwähnen, wenn dies ein einmaliger Fall wäre. Ist es aber nicht. Es ist ein Verhalten, das immer mehr um sich greift in Ministerien und Behörden, wie auch andere Kollegen zu erzählen wissen. Insbesondere seit Corona. „Dass Kanzleramt, Bundestag & Co. wichtige Informationen … zurückhalten und versuchen, Transparenz zu verhindern, erleben wir regelmäßig“, berichten die Kollegen vom online-Portal abgeordnetenwatch.de, die deshalb immer wieder gegen Bundestag und auch Kanzleramt klagen, um die Herausgabe von Informationen juristisch zu erzwingen.

"Im Verhältnis von Politik zu Medien hat sich fundamental etwas geändert."

Abgesehen davon, dass die CDU ganz sicher nicht unsere Abonnentendaten kennt – es sei denn, die Staatsspionage ist schon deutlich weiter fortgeschritten als wir das ahnen –, lässt sich auch für Ministergehilfen anhand unserer Webseite schnell erkunden, wer uns liest und warum. Seit 75 Jahren beobachten und kommentieren FUCHSBRIEFE die deutsche und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik, haben Zugang zu zahlreichen Hintergrundanalysen und -gesprächskreisen. Wir nehmen für uns in Anspruch, etwas von Wirtschaft und Unternehmertum zu verstehen. Und von Politik. Ich selbst war in meiner Zeit als Chefredakteur über viele Jahre in den Hintergrundrunden der Parlamentarischen Geschäftsführer im Bundestag und Landesgruppenchefs von CDU und CSU, wenn diese die aktuelle Politik ihrer Parteien erklärten. Dort wurde noch nicht danach ausgesucht, ob Journalisten etwa für taz-Leser oder die Leser des Neuen Deutschland schrieben: eine „sehr spezielle“ Leserschaft, zumindest aus Unions- Sicht. Sie durften selbstverständlich beim politischen Gegner Mäuschen spielen.

Es wird immer deutlicher: Im Verhältnis von Politik zu Medien hat sich fundamental etwas geändert. Der enorme wirtschaftliche Druck, dem weite Teile der Presse ausgesetzt sind, hat Folgen. Presseorgane nehmen dankbar zum Teil erhebliche Zuwendungen in Form von "Fördermitteln" an, wie der Spiegel von der Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates.

Koch und Kellner

Die Politik sieht sich als Koch und sie macht die Medien zum Kellner. Zahlreiche Zeitungen werden mit staatlichen Anzeigenkampagnen gepampert, eine Form der bislang akzeptierten, camouflierten Subventionierung. Allein die Ausgaben des Bundesgesundheitsministeriums „für Informations- und Aufklärungsarbeit“ lagen in den Jahren 2020 bis 2022 bei 252 Millionen Euro. In den Jahren 2015 bis 2019 gab die gesamte Bundesregierung laut Mediendienst kress-report durchschnittlich rund 58 Millionen Euro pro Jahr für Werbung aus. „An welche Unternehmen das Geld gegangen ist, kann das Ministerium nicht sagen“, so kress. Der aufgeplusterte öffentlich-rechtliche Rundfunk, der von Zwangsgebühren lebt, hängt am Tropf der Politik, die reguliert, wieviel von dem lebenserhaltenden Elixier in die Venen von ARD und ZDF fließt. Er verhält sich dem entsprechend zahm.

Die Bundespolitik bedient sich bei der Bestellung wichtiger Positionen bevorzugt beim öffentlich-rechtlichen Journalistenpool. Hier sind Wechsel von der einen zur anderen Seite üblich. So wie jetzt wieder bei der Besetzung des Intendantenpostens beim Sender rbb. Die vom Rundfunkrat hinter verschlossenenen Türen unter 50 Bewerbern Auserwählte Ulrike Demmer war unter anderem für das ZDF, sowie Radioeins vom rbb als Journalistin tätig. Von 2016 bis 2021 war sie stellvertretende Regierungssprecherin unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Vom Kanzleramt bezahlte Interviews

Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing, wusste schon Luther. Viele Redakteure und freie Journalisten lassen sich für Moderationen üppig bezahlen und bessern so ihre deutlich schmäler gewordenen Saläre auf. Pro7-Moderatorin Linda Zervakis interviewte auf der Republica den Bundeskanzler und war nach eigenen Worten „ein bisschen stolz darauf, dass ein Olaf Scholz auch hin und wieder mal lacht“. Das war auch das Bemerkenswerteste, was das Interview hergab. Kein Wunder: Zervakis war vom Kanzleramt engagiert und bezahlt worden – ohne dass das öffentlich gemacht wurde. Es kam schließlich durch eine taz-Recherche ans Licht.

Fuchsbriefe essen nur das Brot ihrer Leser, der Abonnenten. Und da jeder Leser, um im Bild zu bleiben, nur eine Krume beisteuert, und nicht gleich einen ganzen Laib, sichert uns das die Unabhängigkeit zu schreiben, was wir für richtig halten. Wir lassen uns weder die Themen vorgeben noch die Bewertung politischer Entscheidungen. Das schmeckt nicht jedem, muss es auch nicht; aber zum ungeschriebenen Gesetz unserer demokratisch verfassten Republik gehörte es bisher, eine große Bandbreite an Meinungen zuzulassen, ja zu fördern.

Das Meinungsspektrum eingrenzen

Spahns Ausgrenzung ist ein Beleg dafür, was schon länger in Kreisen von „Verschwörungstheoretikern“ erzählt wird: Dass die staatlichen Akteure das Meinungsspektrum Zug um Zug einzugrenzen versuchen, nicht selten mit Hilfe von Tugendwächtern und „Faktencheckern“ in der Zivilgesellschaft (NGOs), die sich ebenfalls vom Staat (mit) finanzieren lassen.

Morgen (20. Juni) wird im Frankfurter Römer der Wächterpreis der Tagespresse vergeben. Die Festrede hält ein Politiker: der ehemalige Bundespräsident a.D. Christian Wulff. Ihm wurde selbst übel von der Presse mitgespielt, darüber verlor er Amt und Würde. Seine Sinne sind geschärft. Ihm sollte die neue Welt des staatlich orchestrierten Journalismus nicht verborgen geblieben sein. Ich bin gespannt, was er zu sagen hat. Ihr Ralf Vielhaber P.S. Wir haben dennoch weiter Zugang zu Parteiinterna.

Den gesamten Kommentar von Ralf Vielhaber mit zahlreichen Belegen lesen Sie online auf fuchsbriefe.de

Hier einige ausgewählte Belegstellen aus jüngerer Zeit:

So nehmen Regierungsstellen zunehmend Einfluss auf die Presse


ENTHÜLLT! GEHEIM-GIPFEL MIT FACEBOOK UND GOOGLE: Ließ die Regierung unliebsame Corona-Meinungen löschen?

Rundfunkrat wählt Ulrike Demmer zur neuen rbb-Intendantin

Pleiten, Pech und Pannen

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