Deutschland bald wieder am NATO-Pranger
Der NATO-Gipfel in Vilnius drängt Deutschland mit Blick auf die Verteidigungsausgaben in die Defensive. Denn die NATO hat eine Anpassung des 2%-Zieles beschlossen. Künftig sollen die Staaten "mindestens 2%" ihres BIP für Verteidigung ausgeben. Bisher galt die Marke als obere Zielmarke.
Von den NATO-Partnern wird es darum bald wieder laute Kritik an Deutschlands "viel zu geringem" Verteidigungshaushalt geben. Denn Deutschland hat schon das alte Ziel nie erreicht, wenngleich der Anteil der Militär-Ausgaben am Gesamthaushalt in den vergangenen Jahren sukzessive gestiegen ist. Zuletzt lag der Anteil bei 1,39% des BIP.
Konstante Ausgaben geplant
Die mittelfristige Finanzplanung Deutschlands sieht bis 2027 praktisch konstante Verteidigungsausgaben vor. Die sollen bei 57 Mrd. p.a. Euro liegen. Aus dem Sondervermögen sollen 2023 noch 8,4 Mrd. Euro dazukommen. Wächst das BIP in dieser Zeit nominal, was angesichts der Inflation nicht unwahrscheinlich ist, wird der Anteil der Verteidigungsausgaben sogar wieder sinken.
Zudem hat die Regierung schon begonnen, geplante Investitionen in das Sondervermögen zu verschieben. So standen im Verteidigungshaushalt 2022 gut 10 Mrd. Euro für neue Ausrüstung zur Verfügung. 2024 sind es weniger als 3 Mrd. Euro. So werden insgesamt 33% im Kernhaushalt der Bundeswehr eingespart. Dieser Betrag wird unter dem Strich nur zwischen Bundeshaushalt und Sondervermögen umgeschichtet.
Sondervermögen reicht nur, um wenige Jahre an das 2%-Ziel zu kommen
Auch in den kommenden Jahren werden die deutschen Verteidigungsausgaben deutlich hinter dem Ziel zurückbleiben. Im Jahr 2024 wird der Anteil bei 1,8% BIP liegen (inkl. 19,2 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen). Weitere 9,3 Mrd. Euro wären für das Erreichen der Marke von 2% nötig. Gelänge es, 2025 und 2026 das NATO-Ziel mit dem Sondervermögen zu erreichen, wäre dieses schon aufgebraucht.
Im Jahr 2027 würden der Anteil der Verteidigungsausgaben dann auf 1,2% des BIP fallen. Die Finanzierungslücke würde dann im Minimum 40 Mrd. Euro p.a. betragen. Strukturell kommt noch hinzu, dass es der Bundeswehr-Beschaffung nicht gelingt, das Geld auszugeben. Über die Jahre wurde im Durchschnitt 6% weniger ausgegeben als für Beschaffung zur Verfügung stand.