Die Linke vor der Zerreißprobe
Die Linke steht wieder vor der Wahl: Will man regieren oder nur auf Dauer opponieren? Das wird zur Zerreißprobe.
Nach den Landtagswahlen beginnt eine erneute Zerreißprobe für die Linke. Denn das Ziel der Realos, die Partei auch im Bund für mögliche Bündnisse bereit zu machen, ist unter den gegebenen Umständen nicht erreichbar. Sie verliert die Regierungsfähigkeit. Durch das stetige Erstarken der AfD reicht es nicht mehr für eine Koalition mit der SPD und den Grünen. Noch vor einem halben Jahr war eine solche Regierung durchaus ein realistisches Ziel in Sachsen-Anhalt. Nun kann das Modell allenfalls noch nach den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin im September 2016 greifen. Selbst in Mecklenburg-Vorpommern geht es rechnerisch nicht mehr. Ohne realistische Machtoption im Bund werden die Fundamentalverweigerer Auftrieb erhalten. Will die Partei die an die AfD verlorenen Protestwähler zurückholen, muss sie ihre Forderungen im Sozialbereich massiv erhöhen. Dann wird sie für SPD oder Grüne als Koalitionspartner nicht mehr akzeptabel sein. Vermögensteuer, zusätzliche Reichenbesteuerung bei den Einkommen, bedingungsloses Grundeinkommen, Rente mit 65, Abkehr von der Schuldenbremse heißen die Stichpunkte. Damit schlägt die Stunde von Sahra Wagenknecht. Denn sie (und Oskar Lafontaine) haben Recht behalten, dass der Wähler die Linke vor allem nur als Opposition stark sehen will. Wo sie regiert, wie in Brandenburg oder einst in Berlin, wird sie abgestraft. Die Lage der Linken schlägt auf die SPD durch. Der Verlust der rot-rot-grünen Regierungsoption bedeutet, entweder erneut die ungeliebte Große Koalition oder die Oppositionsrolle wählen zu müssen. Das macht wiederum den Weg frei für schwarz-grüne Gedankenspiele – eventuell unter Einschluss einer wieder erstarkten FDP.
Fazit: Die durch den Aufstieg der AfD besonders geschwächte, zerstrittene Linke macht in Kombination mit einer dauerschwachen SPD eine Mehrheit links der Union vorerst unmöglich.