Der Abschied des IWF aus der Griechenland-Rettung wird immer klarer absehbar. Denn die Kosten-Nutzen-Betrachtung seines Verbleibs in der Troika hat sich aus Sicht der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers nach der gestrigen Bundestagsabstimmung deutlich verändert. Die Bundesregierung hat das dritte Hilfsprogramm durchs Parlament gebracht. Für die nächste Bundestagswahl ist damit das Gefahrenpotenzial Griechenland eingedämmt.
Angela Merkels Bemühungen, den IWF in der Troika zu halten, werden sich jetzt auf ein Minimum reduzieren. Letztlich wird sie den bereits angedrohten Abschied bereitwillig in Kauf nehmen. Seit Beginn der Krise hatte die Kanzlerin eine Beteiligung des IWF an der Griechenland-Rettung zu einer Grundvoraussetzung für deutsche Zahlungen gemacht.
Inzwischen überwiegen aus Sicht der Kanzlerin die Vorteile eines IWF-Exits dessen Nachteile. Um die Unionsfraktion mitzunehmen, ist der Fonds nicht mehr nötig. Der mediale Aufschrei ist für Merkel verkraftbar. Ihre Popularitätswerte in der Bevölkerung wird das kaum tangieren, auch nicht die kommenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Die inhaltlichen Argumente pro IWF stechen kaum noch. „Technische Expertise“ in Sachen Krise gibt es inzwischen auch bei der EU und in den Eurostaaten. Unabhängig ist der Fonds – wenn er es überhaupt jemals war – bei weitem nicht mehr. Das hat die letzte IWF-Schuldentragfähigkeitsanalyse für Griechenland mehr als deutlich gemacht (FB vom 16.7). Die politische Pufferfunktion könnte der ESM übernehmen. Er ist bereits jetzt an den Verhandlungen beteiligt. Oder möglicherweise das EU-Parlament, wie unlängst vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras gefordert.
Der wichtigste Grund für einen Abschied des IWF liegt für Merkel in der Frage eines Schuldenschnitts. Schließlich ist es der IWF, der diesen vehement fordert. Es ist weitgehend unbestritten, dass ein solcher Haircut notwendig ist. Die Bundesregierung weiß das auch, lehnt ihn aber vehement ab – aus „guten“ Gründen, denn ein tatsächlicher Schuldenverzicht und der unmittelbare Verlust deutschen Steuergeldes würde für Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch innenpolitisch zu einem echten Problem werden. Ohne den IWF wäre es jedoch locker möglich, diesen ansonsten unvermeidbaren Schnitt noch über den nächsten Bundestags-Wahltermin im Herbst 2017 aufzuschieben.
Auch einen Beistand für einen harten Sanierungskurs braucht Merkel nicht mehr. Die Union schwenkt um. Ralph Brinkhaus, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spekulierte gestern schon unverblümt über ein mögliches 4. Rettungspaket, das nötig werden könnte. Die Botschaft: Bewegt sich Athen auch nur ein wenig, gibt’s frisches Geld.
Fazit: Der Internationale Währungsfonds wird schon bald aus der Griechenland-Rettung aussteigen. Deutschland wird noch stärker als ohnehin schon als Hauptakteur in der Eurokrise agieren müssen. Möglicherweise werden CDU/CSU die Transferunion, die sie vermeintlich bekämpft haben, politisch durchsetzen. Die Bundestagsabstimmung gestern war dazu der Anfang.