Seit der Euro-Einführung lässt der Zuspruch der deutschen Parteien zur EU deutlich nach. Das zeigt die Analyse der Bundestags-Wahlprogramme durch das „Manifesto Project“. Die ans Wissenschaftszentrum Berlin angeschlossene Forschungsgruppe untersucht die Wahlprogramme und übersetzt sie in vergleichbare Referenzwerte für verschiedene Politikbereiche. Vor der Währungsunion war die Bewertung der EU durchgehend positiv. Das hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich geändert. Die aktuelle Debatte innerhalb der Linkspartei um die stark EU-skeptische Ausrichtung des Europawahlprogramms ist also repräsentativ für den parteipolitischen Zeitgeist. Zum ersten Mal überhaupt haben die deutschen Parteien im aggregierten Durchschnitt eine mehrheitlich kritische Position zur EU. Dieser Wert wird allerdings durch die Alternative für Deutschland (AfD) verzerrt: Sie weist einen EU-Negativ-Wert auf: -12,3. Die Referenzwerte der im Bundestag vertretenen Parteien sowie der FDP bewegen sich zwischen -0,2 und +2,6. Auffällig ist auch, dass die Parteien der EU trotz Eurokrise nur eine geringfügig höhere Bedeutung einräumen. Im Durchschnitt beschäftigten sich die sechs berücksichtigten Wahlprogramme nur zu rund 4% mit der EU. Dieser Wert wurde durch die AfD sogar noch massiv nach oben gedrückt. Zur Einordnung: Die noch am EU-freundlichsten eingestellten Grünen (Wert +2,6) widmeten der Entwicklung der Kulturlandschaft einen vergleichbar hohen Stellenwert wie der EU.
Fazit: Die Währungsunion in ihrer aktuellen Form schadet dem europäischen Projekt. Das zeigt auch die Analyse der deutschen Parteiprogramme. Höchst bedenklich ist der geringe Stellenwert, den die Parteien der Debatte um Europas Zukunft einräumen.