Die zaghafte Westorientierung, die die inzwischen abgewählte Gandhi-Dynastie Indien verordnet hatte, beginnt zu wackeln. Dem neuen Regierungschef Narendra Modi liegen Investitions- und Finanzierungsangebote aus Peking vor, die er angesichts der chronischen Investitionsdefizite seines Landes vor allem in Sachen Infrastruktur kaum ablehnen kann. Die Chinesen bieten 300 Mrd. Dollar für den Ausbau von Häfen, Kraftwerken, Straßen und Eisenbahnen aus ihrem Devisenschatz (inzwischen 3,8 Billionen Dollar). Chinesische Staatsbanken sollen der indischen Wirtschaft außerdem mit einem großzügigen Kreditprogramm unter die Arme greifen.
Bislang ist China dank der abwehrenden Haltung des Gandhi-Clans nur mit bescheidenen 460 Millionen Dollar in Indien investiert. Der kurze Grenzkrieg von 1962 mit China, Tibet und andere politische Differenzen haben Indien, einst Führer der „Blockfreien“, in den letzten Jahrzehnten dem Westen angenähert.
Ob Amerika die chinesische Offerte toppen kann, ist mehr als fraglich. Japan, einst Großinvestor in Indien, hat sich der heimischen Probleme wegen mehr und mehr zurückgezogen. Die Europäer haben eigene Erfahrungen mit der trägen und korrupten indischen Bürokratie, deren Verhalten auch ein Modi nicht von heute auf morgen – wenn überhaupt – ändern kann. Für die korruptionsbewährten Chinesen sind solche Verhältnisse dagegen kein Hindernis.
Fazit: Deutsche Investoren müssen sich klar darüber sein, dass die chinesische Offerte für Delhi eine große Versuchung darstellt. Wenn Modi sie akzeptiert, würde das eine langfristige innen- wie außenpolitische Weichenstellung bedeuten. Mit gravierenden Auswirkungen auch auf die Staatsbürokratie, der korrupte Wesensverwandtschaft natürlich lieber ist als westliche „Reinheitsgebote“. Politisch könnte die Fahne der Blockfreiheit zur Legitimierung des Kurswechsels wieder hervorgeholt werden.